Willkommene Integration

Eine neue Studie zeigt, wie sich die Einstellung Geflüchteter für Unternehmen auszahlt

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Fast sieben Jahre ist es her, dass Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte: »Wir schaffen das!« Gemeint war die Integration Geflüchteter in Deutschland. Insgesamt rund 1,2 Millionen Menschen kamen in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland. Nachdem zunächst eine Willkommenskultur vorherrschte, kippte die Stimmung. Rechte und Rechtsextreme hetzten gegen die neuen Mitmenschen.

Doch diese haben sich gut integriert – insbesondere auf dem Arbeitsmarkt. Sie sind gern gesehene Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen, wie eine am Montag veröffentlichte Studie feststellt. Demnach berichten Unternehmen, die Geflüchtete angestellt haben, dass sich dadurch die Attraktivität, die Mitarbeiterzufriedenheit und die unternehmerische Entwicklung verbessert habe. »Gerade vor dem aktuellen Hintergrund der vielen Geflüchteten aus der Ukraine gewinnen die Erfahrungen der Unternehmen an Relevanz«, sagt Alexander Kritikos, Mitglied des Vorstands am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), der zusammen mit DIW Econ die Studie erstellt hat.

Für die Studie befragte das Forschungsinstitut im Sommer 2021 im Auftrag der Initiative »Tent Partnership for Refugees« 100 mittlere und große Unternehmen, die seit 2015 Geflüchtete eingestellt haben. Bei den mittleren Unternehmen arbeiteten durchschnittlich 120 Beschäftigte, bei den großen 5310. Ein Fünftel der Angestellten hatte einen Migrationshintergrund. Insgesamt arbeiten in den 50 befragten mittleren Unternehmen 883 Geflüchtete, in den 50 großen Unternehmen waren es 3313.

Die Einstellung Geflüchteter hat sich demnach positiv auf die Stimmung im Betrieb ausgewirkt. Bei 68 Prozent der befragten Unternehmen zeigte sich das in Form eines höheren Engagements unter den Mitarbeiter*innen und bei 83 Prozent in einer höheren Akzeptanz von Geflüchteten unter allen Beschäftigten. Dies führt dazu, dass rund 80 Prozent der befragten Unternehmen von sich sagen, als Arbeitgeber attraktiver geworden zu sein. Außerdem kommt die Integration auch bei internationalen Auftraggebern gut an, wie 60 Prozent der Unternehmen angaben.

Letztlich führt das auch zu mehr wirtschaftlichem Erfolg. Auch wenn sprachliche Barrieren überwunden und vielleicht manche Qualifikation nachgeholt werden mussten, so berichten 61 Prozent der Unternehmen, dass sie von einer gesteigerten Kreativität profitieren konnten. 57 Prozent sagen zudem, dass die Produktivität insgesamt gestiegen sei. »Anderen Studien zufolge können diese Zugewinne unter anderem auf die unterschiedlichen kulturellen Hintergründe zurückgeführt werden, aufgrund derer Geflüchtete Problemstellungen anders adressieren, Prozesse hinterfragen und alternative Lösungsansätze erarbeiten«, heißt es dazu im Bericht.

Laut Andreas Wolter von »Tent Partnership for Refugees« entsteht dadurch eine »Win-Win-Situation« für Unternehmen und Geflüchtete: »Sie können ein selbstbestimmtes Leben führen, während Unternehmen ihr Personal diversifizieren und einen engagierten, qualifizierten Talentpool gewinnen können.« So ist die Motivation der Manager*innen, Geflüchtete einzustellen nicht rein altruistischer Natur. Zwar gaben sie zunächst an, dass sie dadurch ihrer gesellschaftlichen Pflicht als Unternehmen nachkommen und den Geflüchteten Unterstützung leisten würden. »Langfristig würden diese aber auch dem Mangel an Arbeitskräften entgegenwirken, der viele Unternehmen verstärkt herausfordert«, so die Studie.

So hat der Fachkräftemangel laut dem arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) noch zugenommen. Es berechnete jüngst, dass die Zahl der offenen Stellen, die nicht mit qualifiziertem Personal besetzt werden können, bundesweit auf einen Rekordwert von 558 000 gestiegen sei.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -