Ausgleichende Gerechtigkeit

Ein Antrag der Linkenfraktion im Bundestag fordert die Übergewinnsteuer für marktmächtige Energiekonzerne

  • Johanna Montanari
  • Lesedauer: 3 Min.

Sollten Energieunternehmen, die von der durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ausgelösten Krise proftieren, zusätzlich besteuert werden, um den Staat und dann auch Verbraucher*innen zu entlasten? Ein Antrag der Linksfraktion, der am Freitag im Bundestag behandelt wurde, fordert genau das: »außerordentliche Krisengewinne von Energiekonzernen abschöpfen«. Der konkrete Vorschlag ist eine sogenannte Übergewinnsteuer, für die sich die Linke an einer in Italien geplanten Regelung orientiert. Dort hat Premierminister Mario Draghi vor kurzem angekündigt, die bereits bestehende sogenannte Übergewinnsteuer für Energiekonzerne auf Extraprofite infolge von Preisanstiegen von zehn auf 25 Prozent zu erhöhen.

Die Linksfraktion fordert, auch in Deutschland den Teil der diesjährigen Unternehmensgewinne von Energiekonzernen, der die Gewinne des Vorjahres um mehr als zehn Millionen Euro übersteigt, einer Übergewinnsteuer von 25 Prozent zu unterwerfen. Christian Görke, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion, erinnerte in der Debatte daran, dass in Deutschland vier Millionen Menschen in Altersarmut leben, während die Energiekonzerne auch auf ihre Kosten riesige Gewinne einfahren. Allein die europäischen Mineralölkonzerne hätten laut einem Bericht der EU-Kommission eine zusätzliche Gewinnerwartung von 200 Milliarden Euro, so Görke.

Es fanden sich überraschend viele Stimmen aus den drei Regierungsparteien, die mit dem Anliegen des Antrags sympathisierten, auch wenn sie ihm nicht zustimmen wollten. Die angestoßene Debatte wollten viele weiterführen. »Es fühlt sich nicht richtig an, dass Unternehmen aus dieser Situation heraus solche Gewinne erzielen können«, sagte der SPD-Abgeordnete Armand Zorn. Sein Parteikollege Bernhard Daldrup betonte, der Impuls des Antrags sei »gut«. Er warnte jedoch davor, mit der Übergewinnsteuer ein falsches Zeichen zu setzen und Unternehmen zu bestrafen, die Gewinne erzielten.

Auch Katharina Beck (Grüne) sieht das Problem, auf das der Antrag reagiert: »Gute Märkte regeln auch einen guten Preis. Was wir jedoch aktuell an den Tankstellen und an den Strommärkten sehen, ist alles andere als ideal.« Beck sah jedoch eher kartellrechtliche Herausforderungen. Auch Markus Herbrand von der FDP verwies auf das Kartellrecht. Die Übergewinnsteuer nannte er eine »Schnapsidee«. Alois Rainer (CDU/CSU), sagte, man könnte dem Antrag durchaus etwas Gutes abgewinnen. Er betonte jedoch das Ziel, Deutschland unabhängiger vom russischen Gas und Öl zu machen, und schlug vor, die Unternehmen könnten ihre Gewinne in Forschung und Innovation investieren.

Der Antrag trat eine Grundsatzdebatte über die soziale Marktwirtschaft los, die manche durch die vorgeschlagene Übergewinnsteuer gefährdet sahen. So brachte Michael Meister von der Unionsfraktion diese mit dem Prinzip der Umverteilung in Verbindung, das er generell ablehnte und im Konflikt zur sozialen Marktwirtschaft sah. Der AfD-Politiker Jan Wenzel Schmidt wiederum bezeichnete den Antrag als »ideologisch geblendet«, nannte die Linke selbst eine »parlamentarische Randerscheinung« und sprach von einer »gescheiterten Energiewende«, die zu Abhängigkeit vom russischen Öl und Gas geführt habe.

Zuvor hatte Gesine Lötzsch (Linke) in einer Sitzung zum Bundeshaushalt 2022 Finanzminister Christian Lindner (FDP) scharf kritisiert: »Die Ampel steht auf Rot, wenn es um die Unterstützung der Armen, und auf Grün, wenn es um die Schonung der Krisengewinnler geht«, kommentierte die stellvertretende Vorsitzende und haushaltspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Lötzsch monierte, dass Lindner auf »die höchsten Preissteigerungen seit 40 Jahren« nicht angemessen reagiere und arme Menschen nicht ausreichend entlaste.

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