- Politik
- Van der Bellen
Politisches Unikum
Österreichs Präsident Van der Bellen strebt zweite Amtszeit an
Der Ibiza-Skandal, der Zerfall der Regierung, ein Expertenkabinett, Neuwahlen, eine ÖVP-Grüne-Regierung, jetzt der Krieg in der Ukraine: Alexander Van der Bellen ist so ziemlich das einzige Kontinuum der österreichischen Innenpolitik der vergangenen fünf Jahre. Österreichs Staatsoberhaupt war vor ihm so etwas wie Zeremonienmeister, Banddurchschneider, Medaillenverleiher. Van der Bellens Präsidentschaft ist ein kleines Wunder im Land der Mehrheiten rechts der Mitte. Und doch ist der ehemalige langjährige Chef der Grünen der logische Amtsinhaber. Denn Sascha, wie er auch genannt wird, war unabhängig von der Parteipolitik schon immer einer der beliebtesten Politiker des Landes. Und zwar deshalb, weil er nie so ganz Politiker war, sondern viel eher der Volkswirtschaftslehre-Professor blieb, der er vor seinem Einstieg in die Politik war. Weil er geraucht hat wie ein Schlot. Wegen seines trockenen Humors mit Haltung: »Wenn zwei Männer oder zwei Frauen sich darauf versteifen, denselben Fehler zu machen wie die Heterosexuellen, sollen sie das tun können«, sagte er etwa einmal zum Thema gleichgeschlechtliche Ehe. Zu phlegmatisch sei er, sagen manche. Anderen mischt er sich zu viel ins politische Tagesgeschäft ein. Kein Wort der Kritik hingegen gab es, als Van der Bellen im Juni 2018 Russlands Präsident Putin in Wien empfing, auch keins bei einem Besuch in Sotschi 2019. Der Präsident hat einen eigenen Bezug zum Osten Europas, seine Vorfahren waren im 17. Jahrhundert von Holland nach Russland ausgewandert.
Politisch aktiv wurde Alexander Van der Bellen in den 1970er Jahren zunächst bei der SPÖ. Seinen Wechsel zu den Grünen in den 1980er-Jahren beschrieb er einmal als Wandel von einem »arroganten Antikapitalisten« zu einem »großzügigen Linksliberalen«. Von 1996 bis 2008 war er der bislang am längsten amtierende Parteichef der österreichischen Grünen. Die Stichwahl nach seiner Nominierung für das Amt des Bundespräsidenten 2016 musste nach Anfechtung durch die FPÖ wiederholt werden. Bei der Wahl im Herbst wird Van der Bellen nun erneut antreten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.