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Master of Desaster
Über die ganz speziellen Fähigkeiten eines Berliner SPD-Senators
Am liebsten hätte sie ihn geklont, sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) über ihren Parteifreund Andreas Geisel bei seiner Vorstellung als neuen Stadtentwicklungssenator. Man kann sich vorstellen, dass auch Begeisterung über sein machiavellistisches politisches Talent mitschwang, missliebige politische Projekte auszubremsen, wie er es bereits als Innensenator mit Deutsche Wohnen & Co enteignen tat. Und er kann seinen Klassenkampf von oben in so schöne Worte vorgeblicher Sachzwänge kleiden, dass er, ohne rot zu werden, nicht nur die Sozialisierung ausbremst, sondern sogar das Gegenteil vorantreiben kann. Denn er möchte ganz offiziell, dass landeseigene Wohnungsunternehmen Bestände verkaufen – als Eigentumswohnungen. Es soll also noch zusätzliches Öl ins Feuer der sozialen Wohnraumversorgung gegossen werden, die auch deswegen lichterloh brennt, weil Hunderttausende Wohnungen nach der Wende in Berlin privatisiert worden sind. Ohne die einstigen Bestände öffentlicher, genossenschaftlicher und gewerkschaftlicher Träger wie Post, Bahn, Kommunen und Länder gäbe es heute renditeorientierte Immobilienriesen wie Vonovia, Heimstaden oder Adler überhaupt nicht.
Offenbar war Andreas Geisel so fokussiert auf seine politische Agenda, dass seine Verwaltung für Nebensächlichkeiten wie das ordnungsgemäße Abhalten von Wahlen im Land Berlin keine Muße hatte. Bekanntlich fordert der Bundeswahlleiter eine Wiederholung der Bundestagswahl vom September 2021 in der Hälfte der Stadt. Und auch bei der zeitgleichen Abgeordnetenhauswahl und der Abstimmung über den Sozialisierungs-Volksentscheid gab es wegen fehlender und falscher Stimmzettel unzählige Unregelmäßigkeiten. Landeswahlleiterin Petra Michaelis hatte nach eigenen Angaben die Innenverwaltung unter dem damaligen Senator Geisel wegen sich abzeichnender Probleme im Vorfeld um mehr Unterstützung gebeten – die wohl nicht kam. Doch mit solchen Ungenauigkeiten will sich wohl auch Franziska Giffey nicht beschäftigen, wie sie in ihrer abgewickelten wissenschaftlichen Karriere bewies.
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