• Politik
  • Kurdistan / Klage gegen Bundespolizei

»Spekulationen und Behauptungen«

Die Behinderung einer Kurdistan-Exkursion hat ein gerichtliches Nachspiel

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

»Mir wurden die Reisefreiheit und die Möglichkeit genommen, mich für den Frieden in Kurdistan einzusetzen. Und das alles auf Basis einer Unterstellung«, erklärte Ronja H. am Donnerstag in Hamburg auf einer Pressekonferenz. Die Frau wollte am 12. Juni 2021 als Teilnehmerin einer Menschenrechtsdelegation nach Kurdistan reisen. Darunter waren Gewerkschafter*innen, Journalist*innen und Politiker*innen wie Cansu Özdemir, Abgeordnete der Linken in der Hamburger Bürgerschaft. Doch beim Einchecken am Düsseldorfer Flughafen wurde einem Teil einer Delegation von der Bundespolizei ein Ausreiseverbot vorgelegt. Am Donnerstag reichte Ronja H. zusammen mit der Lehrerin Thea Ohling am Verwaltungsgericht Köln eine Klage gegen dieses Verbot ein.

»Es ist tatsächlich möglich, nach dem Passgesetz eine Ausreise aus Deutschland zu verwehren. Aber nur, wenn entweder die innere oder äußere Sicherheit Deutschlands gefährdet ist oder wenn sonstige erhebliche Belange der BRD betroffen sind«, erklärte die Anwältin Cornelia Ganten-Lange. Doch genau das sei bei der Ausreiseverfügung vor einem Jahr nicht der Fall gewesen. Die Bundespolizei habe hauptsächlich Spekulationen und Behauptungen aufgestellt, es seien aber keine Beweise benannt worden, monierte Ganten-Lange. So werde auf anonyme Texte im Internet Bezug genommen, nach denen die Teilnehmer*innen der Delegation als lebende Schutzschilde agieren und somit die Beziehungen zur Türkei gestört werden könnten, so die Anwältin.

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Sie ist dennoch nicht sehr optimistisch, dass die Klage Erfolg hat. Es sei unklar, wie lange sich das Gericht Zeit für eine Entscheidung lässt. Trotzdem sei es richtig, das Ausreiseverbot auch nachträglich für unrechtmäßig erklären zu lassen, betonte auch Ronja H. »Wir wurden wie Kriminelle behandelt. Auf die Toilette durften wir nur mit polizeilicher Begleitung«, kritisierte sie die Situation am Düsseldorfer Flughafen. Akteneinsicht sei im Nachhinein mit der Begründung verweigert worden, dadurch könnten Sicherheitsbelange der Bundesrepublik beeinträchtigt werden. Mit der Klage wolle sie erfahren, von wem die Initiative für das Ausreiseverbot ausging, ob das türkische Regime die Anweisung gab oder die Polizei eigenständig handelte.

Die Mitklägerin Thea Ohling, die sich gegen Rassismus engagiert, wollte sich in Kurdistan vor allem über die Bildungspolitik der Selbstverwaltungsorgane informieren. Mit dem Reisebann sei ihr verwehrt worden, sich vor Ort zu informieren und die Menschenrechtsverletzungen des türkischen Militärs anzuprangern, kritisierte Ohling.

Die Sozialwissenschaftlerin Mechthild Exo berichtete über die Reise der durch das Ausreiseverbot stark geschrumpften Delegation. So gab es Gespräche mit kurdischen Parteien, aber auch mit zivilgesellschaftlichen Organisationen aus der Umwelt- und Friedensbewegung. Exo berichtete allerdings auch über die massiven Behinderungen der Delegation durch Mitglieder der konservativen Demokratischen Partei Kurdistans (KDP), die eng mit dem türkischen Staat kooperiert. Die KDP habe eine Pressekonferenz der Delegation verhindert und dafür gesorgt, dass auch in Erbil ein Teil der Delegation nicht einreisen konnte. »Vor einem Jahr war die Friedensdelegation ein Hindernis dabei, den Krieg weiter eskalieren zu lassen. Und auch heute wäre eine solche Delegation notwendig,« erklärte Exo mit Verweis auf die jüngsten Angriffe der Türkei gegen Kurdistan.

Exo ging auch ein auf die Drohungen der türkischen Regierung gegen kurdische Strukturen in Finnland und Schweden im Kontext des geplanten Nato-Beitritts. Es bestehe die Gefahr einer weiteren Verfolgung von Aktivist*innen, die zu wenig gesehen werde, warnte Exo. Sie und ihre Mitstreiter*innen wollten sich weiter für die demokratische Bewegung in Kurdistan engagieren. Mit der Klage könnte zumindest erreicht werden, dass ein neuerliches Ausreiseverbot schwerer umzusetzen ist.

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