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Extreme Rechte kannibalisiert sich in Sachsen
Bei der Kommunalwahl bekam die AfD mit den Freien Sachsen antidemokratische Konkurrenz
35,5 Prozent – so hoch war das Spitzenergebnis, das die AfD bei den Landratswahlen am Sonntag in Sachsen erringen konnte. Erzielt hat sie es in ihrer ostsächsischen Hochburg, dem Landkreis Görlitz. Gemessen an dem Aufwand, den die Partei vor Ort betrieb, um ihren Kandidaten, den Landtagsabgeordneten Sebastian Wippel, zum deutschlandweit ersten AfD-Landrat zu machen, bleibt es unterm Strich eine Niederlage. CDU-Kandidat Stephan Meyer verpasste mit 46,3 Prozent die im ersten Wahlgang notwendige absolute Mehrheit nur knapp, ein Sieg dürfte ihm bei der Stichwahl am 3. Juli kaum zu nehmen sein, zumal dann die relative Mehrheit aller abgegebenen Stimmen reicht.
Die AfD und besonders Tino Chrupalla hatten große Hoffnungen in Wippel gesteckt. Im Landkreis Görlitz war es dem AfD-Vorsitzenden bei der Bundestagswahl vergangenes Jahr gelungen, mit über 35 Prozent der Stimmen den Direktwahlkreis zu holen. Jetzt wieder ein fast identisches prozentuales Ergebnis, was jedoch durch die geringere Wahlbeteiligung 49,4 Prozent (2021: 75 Prozent) erheblich geschmälert wird. Die AfD schafft es nicht, mehr Wähler*innen von sich zu überzeugen. Im Gegenteil, sie verliert sogar Stimmen, auch wenn sie mit Blick auf Sachsen und in Vergleich zu anderen Bundesländern auf einem extrem hohen Niveau verbleibt.
Selbst Auftritte der Parteiprominenz halfen nichts. Neben Chrupalla rührte auch die stellvertretende Parteisprecherin Alice Weidel die Werbetrommel und absolvierte im Wahlkampfendspurt Auftritte in Görlitz, Zwickau und Oschatz. Allesamt Orte in sächsischen Landkreisen, in denen sich die AfD Chancen ausrechnete, künftig den Landrat oder den Bürgermeister zu stellen. Geklappt hat es mit dem ersten Platz bei den Kommunalwahlen nirgendwo, teils auch deshalb, weil die Partei im extrem rechten Spektrum Konkurrenz bekam.
Im Erzgebirgskreis wäre AfD-Kandidat Torsten Gahler mit 17,8 Prozent womöglich nicht hinter CDU und Freien Wählern auf Platz drei gelandet, wenn die extrem rechten Freien Sachsen nicht ebenfalls angetreten wären. Deren Kandidat, der NPD-Politiker Stefan Hartung, holte zehn Prozent. Stimmenpotenzial gekostet, aber gewiss nicht das Rennen um Platz eins, haben die Freien Sachsen der AfD auch im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Mehr als Symbolik hätte eine mögliche Kooperation allerdings eher nicht bedeutet. CDU-Kandidat und Amtsinhaber Michael Geisler kam am Sonntag auf 54,4 Prozent und holte damit bereits im ersten Wahlgang die notwendige absolute Mehrheit, um weiter Landrat bleiben zu können.
Doch selbst ohne direkte Konkurrenz in der extremen Rechten sind Ergebnisse für die AfD über 20 Prozent keine Selbstläufer. Im Landkreis Leipzig, nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen kreisfreien Stadt, holte Jörg Donau nur 19,4 Prozent, über 16 Prozent weniger als sein Parteikollege Wippel im Landkreis Görlitz. Das Gefälle in der Wählergunst ist für die AfD in Sachsen enorm.
Wie groß das Potenzial für die extreme Rechte in Sachsen auch jenseits der AfD weiterhin ist, zeigt sich am Beispiel Nordsachsen. Dort hatte die Partei auf eine eigene Kandidatur verzichtet, die Freien Sachsen schickten mit Uta Hesse eine Kandidatin ins Rennen, die sich als lokale Organisatorin von Protesten gegen die Corona-Maßnahmen einen Namen gemacht hatte. Die 36-Jährige holte 20 Prozent und lag damit am Ende sogar vor Torsten Pötzsch, dem gemeinsamen Kandidaten von SPD, Linkspartei und den Grünen.
Bedenklich sind ebenfalls manche Ergebnisse auf lokaler Ebene. Neben der Landratswahl wurden in vielen Gemeinden auch neue Bürgermeister*innen gesucht. In Zwönitz, einer Kleinstadt mit etwa 11 000 Einwohner*innen im Erzgebirgskreis, konnte eine Bewerberin mit Bezügen zum Reichsbürger-Umfeld und Organisatorin von verschwörungsideologischen Montagsspaziergängen mehr als 25 Prozent der abgegebenen Stimmen holen. Amtsinhaber Wolfgang Triebert (CDU) konnte aber mit 74,7 Prozent die Abstimmung klar für sich entscheiden.
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