- Berlin
- Mieterprotest
Covivio-Mieter schlagen Krach
Renditeorientiertes Immobilienunternehmen sieht sich heftigen Protesten ausgesetzt
Am Mittwoch soll es laut vor der Weddinger Covivio-Niederlassung an der Ecke Kameruner und Lüderitzstraße werden: Vier Mieter*innen-Initiativen organisieren für 18 Uhr einen gemeinsamen Protest gegen den Immobilienkonzern, der in der Hauptstadt über 36 000 Wohnungen besitzt und damit zusammen mit Deutsche Wohnen einer der großen Player unter den Wohnungseigentümern ist. Größter Aktionär ist laut aktuellen Marktinformationen der italienische Multimilliardär Leonardo del Vecchio, der sein Vermögen im Brillengeschäft gemacht hatte.
Am Alexanderplatz entsteht bereits seit einiger Zeit der Covivio-Doppelturm, ein 130-Meter-Hochhaus mit über 60 000 Quadratmetern auf 33 Etagen. Immer wieder sind alteingesessene Mieter*innen von Covivio auch von deren Verkäufen an andere Investoren betroffen – und damit einhergehend von Verdrängung mittels Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.
Die Berliner Vernetzung der Covivio-Mieter*innen, das lokale Kiezteam der Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen, der Zusammenschluss Mietenwahnsinn Nord sowie die Stadtteilorganisation Hände weg vom Wedding werfen dem Konzern vor, ähnlich zu agieren wie die Konzerne Vonovia beziehungsweise Deutsche Wohnen, Namensgeberin für die Initiative Volksentscheid zur Vergesellschaftung profitorientierter großer Wohnungskonzerne, Deutsche Wohnen und Co. enteignen. Auch bei Covivio gehe es darum, möglichst wenig für die Mieter*innen und den Erhalt der Wohnungen zu tun, aber möglichst viel Geld dabei zu verdienen.
Das sehen Mieter*innen auch so: »Genau wie meine Nachbarinnen und Nachbarn habe ich die Schnauze wirklich voll«, sagt Marina Kolperski, die seit Jahren Mieterin bei Covivio ist. »Wir zahlen immer höhere Mieten, Schäden werden nicht repariert, die Nebenkosten explodieren, und gleichzeitig bekommen die Eigentümer auf unsere Kosten Millionen-Dividenden ausgezahlt«, erklärt Kolperski in einer Mitteilung zur Protestveranstaltung. Auch wenn sich die Wut nicht gegen die Beschäftigten im Covivio-Büro richte, sondern »gegen die Verantwortlichen in der Covivio-Chefetage«, wird auch sie vor der Weddinger Niederlassung demonstrieren.
Auch Edward O’Brien von Hände weg vom Wedding berichtet: »Die soziale Lage für die Menschen im Wedding wird immer schlimmer.« Armut und Zukunftsängste nähmen immer weiter zu.
Die Berliner*innen hätten sich beim Volksentscheid für die Vergesellschaftung der genannten und ähnlicher Konzerne ausgesprochen, sagt Julia Mayer vom hiesigen Kiezteam der Enteignungs-Kampagne. »Weil nur so das Recht auf gutes und bezahlbares Wohnen umgesetzt werden kann.« Doch trotz dieses demokratischen Votums versuche »die Regierung aus SPD, Grünen und Linkspartei die Vergesellschaftung zu verhindern«. Die von der Regierung eingesetzte Kommission diene nur der Verschleppung des Volksentscheids. Man fordere weiterhin dessen sofortige Umsetzung.
Enteignung selbst dürfte derzeit allein nicht ausreichen, um die aktuelle Notlage vieler Mieter*innen zu lindern, erklärt Moira Hazani von Mietenwahnsinn Nord. »Unsere Kosten für Strom und Heizung steigen rasant und treiben noch mehr Menschen in die Armut. Doch genauso rasant steigen auch die Profite der Energiekonzerne, die die Situation schamlos nutzen, um uns auszurauben.« Ein Mietenstopp müsse eingeführt und Stromsperren und Zwangsräumungen müssten umgehend verboten werden.
Im Vorfeld der Debatte um das geplante Berliner Wohnungsbündnis hatte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) von einem Mietenstopp abgeraten.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.