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  • Meisterschaft für Alba Berlin

Alba überrollt den FC Bayern auf dem Weg zum Titel

Nach einem kurzen Holpern gewinnen Berlins Basketballer die dritte Meisterschaft in Serie

Speziell in den Spielen 3 und 4 war es ein umkämpftes Finale – mit dem besseren Ende für die Berliner um Johannes Thiemanns (2.v.l.).
Speziell in den Spielen 3 und 4 war es ein umkämpftes Finale – mit dem besseren Ende für die Berliner um Johannes Thiemanns (2.v.l.).

Andrea Trinchieri bezeichnete sich erst als Realisten, dann steigerte er sich noch einmal zum Nihilisten: »Wir haben ein gutes Spiel mit der perfekten Einstellung gezeigt. Trotzdem haben wir Albas Party damit nur etwas verzögert. Man spürt einfach, dass sie in der Luft liegt«, sagte der Trainer des FC Bayern Basketball am Freitagabend, nachdem sein Team Spiel drei der Finalserie um die deutsche Meisterschaft bei Favorit Alba Berlin überraschend klar mit 90:60 gewonnen hatte. Trotzdem klang er keineswegs euphorisch, denn schon am Sonntagnachmittag hatten die immer noch mit 2:1 führenden Berliner in München den zweiten Matchball zum Titel. »Keiner außer wir selbst hat doch daran geglaubt, dass wir auch nur ein Spiel gewinnen würden. Wir wissen, in welcher Situation wir sind, aber wir wollen nicht aufhören zu kämpfen.«

Allen Durchhalteparolen zum Trotz reichte die Kampfeslust in Partie Nummer vier nicht mehr aus, um noch einmal den Partycrasher zu geben. Die Berliner gewannen in München mit 96:81 und krönten sich damit zum dritten Mal in Folge zum Deutschen Meister – und das jedes Mal auf Münchner Parkett. Trinchieri hatte Recht behalten mit seiner pessimistischen Einstellung, auch wenn er es sich insgeheim bestimmt anders gewünscht hatte.

Auch Albas Trainer Israel González hatte bereits nach der heftigen Heimpleite am Freitag geahnt, dass seine Mannschaft am Sonntagnachmittag anders auftreten würden: »Die Bayern hatten alles besser gemacht als wir: werfen, verteidigen, rebounden. Wir dagegen waren nicht fokussiert. Vielleicht war es auch zu viel Konzentration, nur eben nicht aufs Spiel«, analysierte der Spanier Albas erste Niederlage nach zuvor 18 Siegen in Serie. »Es war keine einfache Situation für meine Spieler. Man kann sie immer wieder daran erinnern, dass noch nichts gewonnen ist. Aber wenn sich alle im Umfeld schon auf die Meisterfeier einstellen, ist es schwer, diesen Film aus den Köpfen zu bekommen. Vor allem, wenn es plötzlich nicht mehr so leicht läuft, wie in den ersten beiden Spielen.«

Da sein Team nun aber nicht mehr von einer solchen Entwicklung überrascht werden konnte, kündigte González eine Verbesserung an: »Wir müssen uns daran erinnern, was für ein gutes Team wir geworden sind. Wie gut wir zusammenspielen können. Wir sind zu Beginn der Saison durch harte Zeiten gegangen und haben uns gemeinsam da rausgekämpft. Wenn wir wieder zusammen kämpfen, werden wir am Sonntag viel besser sein.«

Genau so sollte es dann auch kommen. Alba trat in München von Anfang an viel aggressiver in der Verteidigung auf, kontrollierte nun wieder die Abpraller vom Korb und Jaleen Smith traf sofort zwei Dreipunktwürfe zum 11:0-Blitzstart. Schon nach zwei Minuten hatten die Berliner damit ebensoviele Distanzwürfe getroffen wie im gesamten dritten Spiel. Neben Smith drückte Nationalspieler Johannes Thiemann dem Spiel seinen Stempel auf. Er war für Albas Identifikationsfigur Luke Sikma in die Startaufstellung gerückt, machte dann sieben der ersten 16 Berliner Punkte selbst und bereitete die anderen neun direkt vor. Am Ende stand Thiemann bei 15 Punkten, vier Rebounds und vier Korbvorlagen. In dieser Form ist der Berliner trotz großer Konkurrenz aus der NBA auch ein Kandidat für den deutschen EM-Kader im Herbst.

Alba hat speziell die zweite Hälfte dieser Bundesligasaison dominiert, nur dieses eine Spiel in den Playoffs verloren und danach eine eindrucksvolle Reaktion gezeigt. Jene Comeback-Qualitäten hatten eigentlich auch die Bayern für sich reklamiert: Aus dem Umstand, dass seit dem Ausfall von Leon Radošević seit Freitag vier Spieler aus der Münchner Startformation krank oder verletzt nicht mehr zum Einsatz kamen, machte Trinchieri eine mentale Tugend. »Spiel drei war ein Beispiel für die Identität meiner Spieler und unseres Klubs: Wir haben nicht mehr auf den Spielstand geachtet, nicht auf die Spieler, die wir vermissen. Wir haben nur gekämpft und überlebt, um irgendwie weiterzumachen. Denn wir geben nie auf«, zeigte sich der Italiener sichtlich stolz über die Antwort seines Teams auf zwei eher enttäuschende Leistungen zu Beginn der Finalserie. Dennoch fügte der Meister des Understatements vorsichtshalber noch an: »Das hat viel Energie gekostet. Mal sehen, ob wir uns in nicht einmal 48 Stunden davon erholen können.«

Die Bayern konnten es nicht. Jedes Mal, wenn sie den Rückstand etwas verkürzten, legte Alba noch eine Schippe drauf. Am Ende zelebrierten die Berliner ihren Mannschaftsbasketball und nahmen die Münchner komplett auseinander. Und Jaleen Smith wurde mit 23 Punkten Topscorer der Partie.

Entscheidend war letztlich aber, dass sich Berlin nicht nur auf sein schönes Angriffsspiel verließ, sondern auch defensiv die Bayern nie in einen Rhythmus kommen ließ. Speziell Coach González hatte dafür eine Analogie zur jüngeren Vergangenheit bemüht: »Wir wissen, dass die Bayern ein sehr stolzes Team sind, das schon immer schwierige Phasen sehr gut lösen konnte«, hatte der Coach gewarnt. »Ich erinnere mich noch an meine erste Saison als Assistenztrainer hier in Berlin. Damals haben wir Spiel eins der Finalserie in München gewonnen, und alle dachten, Alba würde endlich wieder Meister werden. Doch dann haben uns die Bayern überrannt und noch 3:2 gewonnen. Das sollte uns nicht noch mal passieren.«

Ist es nicht. Längst ist Alba das Team, das andere Teams vom Feld fegt. Nun müssen die Berliner nur noch lernen, wie man die letzte Partie daheim gewinnt, damit man auch mal vor 14 500 eigenen Fans jubeln kann.

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