Kleine Klassen für alle

Die häufige Überbelegung Berliner Schulklassen ist ein Elend, meint Claudia Krieg

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Die alte Dame hatte etwas zu erzählen. »Dort in dem Keller haben wir mit 48 Kindern in einer Klasse gelernt und es ging auch«, erinnert sie sich anlässlich eines Neuköllner Straßenfests vor einer Grundschule. Einwände will sie nicht gelten lassen, auch nicht den, dass sich Lern- und Lehrkonzepte in den letzten Jahrzehnten stark verändert haben. Dass die Schule in der unmittelbaren Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg eine andere Rolle gespielt haben mag als heute und möglicherweise vor allem ein Ort war, der vielen Kindern unter den schwierigen Bedingungen eine gewisse Sicherheit und Alltagsstruktur bot, ist als Argument natürlich schwer ins Feld zu führen, wenn es um persönliche Erinnerungen geht. Aber wenn »es geht schon irgendwie« der heutige Maßstab ist, Berliner Kinder in öffentlichen Schulen, vor allem Grundschulen, unterzubringen, angemessen zu betreuen und zu unterrichten, dann läuft etwas gehörig schief.

Ebenjene Grundschule kann noch von Glück sagen, dass sie in den letzten Jahren immer knapp an einer Überbelegung der Klassen vorbeigeschrammt ist. Man weiß im Kollegium auch, dass dies Lehrkräften sowie Kindern der Kiezschule nicht zuzumuten ist. Mit dem Bezirk war man sich einig, dass eine zahlenmäßige Aufstockung, die sich angesichts der Bevölkerungsentwicklung lange abgezeichnet hatte, mit einer baulichen Erweiterung einhergehen muss. Über Jahre passierte dann – wie leider oft in Berlin – nichts. Nun droht das Projekt angesichts der explodierenden Baukosten komplett beerdigt zu werden. Für die Gründe kann sicherlich keine Verwaltung in Haftung genommen werden, aber andersherum ebenso wenig ausgebrannte Lehrer*innen und Erzieher*innen.

Und zuallerletzt die Kinder, von denen viele großen Betreuungs- und Unterstützungsbedarf haben. Der wird ihnen von offizieller Seite zwar zugesichert, aber umsetzen müssen ihn doch die Pädagog*innen. Sie wissen, was kleine Klassen wert sind. Die Kinder von heute wissen es auch. Jeder Streik, der das bekräftigt, erhöht den Druck, Lösungen zu finden, wo sie am dringensten benötigt werden. Das muss die Bildungsverwaltung doch langsam einmal einsehen.

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