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Auftakt mit Schrammen

Wer aus der Hochdopingzeit heute bei der Tour wieder genehm ist, wird von Willkür bestimmt

  • Tom Mustroph, Dunkerque
  • Lesedauer: 3 Min.
Bjarne Riis fuhr 1996 im Trikot des dänischen Meisters, später in Gelb allen davon. Gedopt. Das nehmen ihm die Tour-Organisatoren noch heute übel.
Bjarne Riis fuhr 1996 im Trikot des dänischen Meisters, später in Gelb allen davon. Gedopt. Das nehmen ihm die Tour-Organisatoren noch heute übel.

Ja, der Grand Départ in Dänemark war grandios. Alle knapp sechs Millionen Däninnen und Dänen schienen sich bei der dreitägigen Durchfahrt der Tour de France durchs Land mindestens einmal an die Straße gestellt zu haben. Die Begeisterung war riesig. Nur einer fehlte: ausgerechnet der Mann, der den Radsportboom im nördlichen Nachbarland erst ausgelöst hatte. Als Bjarne Riis 1996 Sieger der Tour de France wurde, dachte der Ex-Profi und spätere sportliche Teamleiter Alex Pedersen bereits daran, wie schön es doch wäre, eine Tour de France in den Norden zu bringen. Er hatte sogar den damaligen Tourdirektor Jean-Marie Leblanc so weit, für das Jahr 2002 den Grand Départ in Kopenhagen ins Auge zu fassen. Angesichts der logistischen Herausforderungen wurde das Projekt aber begraben.

Die Enthüllungen über Riis’ Dopingpraktiken ein paar Jahre später ließen die Begeisterung aufseiten der Pariser Organisatoren dann komplett abkühlen. Erst 2012 gab es neue, zarte Anläufe. Noch immer stand aber die Personalie Riis im Wege. Als Teamchef war er zurück im Profiradsport – ein Ärgernis für den neuen Tourchef Christian Prudhomme. Erst als der Teamsponsor Saxo Bank ausstieg und Riis vom neuen Eigner Oleg Tinkow gefeuert wurde, nahm die Idee des Tourstarts in Dänemark richtig Fahrt auf.

Dass der dort geplante Auftakt 2020 pandemiebedingt erneut verschoben wurde, mutet wie ein Wink der Geschichte an. Denn in dem Jahr werkelte Riis noch einmal an seiner Rückkehr als Teammanager in die World Tour. Erst als klar wurde, dass er keine Sponsoren mehr fand, die ihm ein Team finanzierten, kam die Tour nun in seine Heimat.

Für Kontroversen sorgte jetzt, dass er nicht einmal eingeladen wurde. Riis bedauerte das öffentlich in einem Interview mit dem französischen Regionalblatt »Ouest France«. Ein dänischer Sponsor bot ihm daraufhin wegen seiner Verdienste trotz Dopings eine Akkreditierung über das eigene Kontingent an. Doch der »Adler von Herning« lehnte ab. Die dänische Bevölkerung war laut Umfragen gespalten: Eine Hälfte will Riis am liebsten nie mehr sehen, die andere findet die Ausladung skandalös.

Im Tourtross sorgte die harsche Behandlung des Mannes, der am Anfang der dänischen. Tourstart-Idee stand, zumindest für Verwunderung. »Es ist inzwischen so viel Zeit vergangen. Man muss vielleicht auch etwas Luft ranlassen«, meinte Ralph Denk, sportlicher Leiter des deutschen Bora-Teams zu »nd«. »Ja, Riis hat gedopt. Aber wir haben mit Rolf Aldag auch einen Mann aus jener Zeit dabei. Und kein Fan versteht es, dass Bjarne Riis nicht bei der Tour de France in Dänemark dabei sein darf, Eddy Merckx aber wieder auf den Champs-Élysées zu sehen sein wird. Beide haben betrogen, aber es wird mit zweierlei Maß gemessen«, so Denk.

Der komplizierte Umgang mit der Vergangenheit holte die Tour de France also schon zu ihrem Auftaktfest ein. Wie geht man mit Männern um, die besonders in den Hochdopingzeiten unterwegs waren? Auftakt-Organisator Pedersen fuhr in den frühen 90er Jahren für das Team Once. Dessen Gründer Manolo Saiz war später eine Hauptfigur der Operación Puerto, des Dopingskandals, über den auch Jan Ullrich stolperte. Später war Pedersen sportlicher Leiter in Riis’ Saxo-Bank-Team, in dem es ebenfalls Dopingfälle gab. Wer aus jener Zeit heute wieder genehm ist, das wird offensichtlich nicht nach klaren Kriterien bestimmt, sondern ist der Willkür überlassen. Auch das wurde beim ansonsten tollen Auftakt in Dänemark deutlich.

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