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Wo es uns nützt
Ulrike Wagener kritisiert ungleiche Rechte für Migrant*innen
Es ist ein herzloser Satz, der einiges aussagt über den »Paradigmenwechsel« der Bundesregierung in der Migrationspolitik: »Ein modernes Einwanderungsrecht bietet Chancen auch für diejenigen, die ausreisepflichtig sind, sich aber erfolgreich in unsere Gesellschaft integrieren und sich rechtstreu verhalten, und schafft andererseits die Voraussetzungen für eine zügige Aufenthaltsbeendigung derjenigen, die dies nicht tun.« So steht es im Gesetzentwurf zum Chancen-Aufenthaltsrecht. Aber was ist eine »erfolgreiche Integration« und wem wird sie gewährt?
Es ist gut, dass die Bundesregierung auch Geduldeten endlich eine Möglichkeit für ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht eröffnen möchte. Doch im Gesetzestext wird deutlich, dass es hier weniger um eine humanitäre als um eine wirtschaftliche Entscheidung geht. Man will dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenwirken. Vielleicht ist auch das ein Grund dafür, warum die Chance nur ein Jahr währt. Wer in dieser Zeit keine Arbeit gefunden und nicht ausreichend Deutschkenntnisse erworben hat, hat womöglich Pech gehabt: Dann könnte die Abschiebung drohen. Und während Menschen aus Afghanistan noch Deutschkenntnisse nachweisen müssen, um zu ihre Familie nachziehen zu dürfen, wird diese Pflicht für Drittstaatenangehörige abgeschafft – wenn es sich um Fachkräfte und IT-Spezialist*innen handelt. Migrant*innen, die »uns« nützen, erhalten mehr Rechte.
Es ist zu hoffen, dass die Umsetzung des Chancen-Aufenthaltsrechts trotz der relativ hohen Hürden vielen Menschen zu einer dauerhaften Perspektive verhilft und die Hoffnung darauf nicht an der Willkür der Ausländerbehörden scheitert. Und dass weitere angekündigte Verbesserungen, wie die Abschaffung der Duldung light, im Herbst wirklich folgen.
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