Konsequenzen aus der »Nordkreuz«-Farce

Jeja nervt: Warum sind die Behörden gegenüber rechts so lasch?

  • Jeja Klein
  • Lesedauer: 3 Min.

Erinnern Sie sich noch an »Nordkreuz«? Das »Hannibal«-Netzwerk? Da war doch was: Im Zuge der Festnahme des Bundeswehroffiziers Franco A., der sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und Anschläge geplant hatte, waren Behörden und Journalist*innen auf das faschistische Netzwerk innerhalb von Polizei und Bundeswehr aufmerksam geworden. Dabei hatte ein Teil des Netzes, eben jene »Nordkreuz«-Connection, die Planungen für das gewaltsame Losschlagen besonders weit vorangetrieben.

Die in den Medien immer wieder als »Prepper« verharmlosten Mitglieder rund um den Polizisten Marko G. wollten sich zu ihren schon vorhandenen Ressourcen für einen Bürger*innenkrieg an einem »Tag X« 200 Leichensäcke sowie Löschkalk beschaffen. Mit dem lassen sich Leichen in Massengräbern schneller auflösen. Im Visier: Linke Politiker*innen und Aktivist*innen, erfasst auf einer Liste mit 25 000 Namen, angereichert mit Informationen aus Polizeicomputern. Denn auf die hatten die Rechten ja Zugriff. Zur Füllung der Leichensäcke gab es natürlich auch schon das nötige Handwerkszeug. Neben Waffen fanden Ermittler*innen bei Marko G. Schlappe 55 000 Schuss Munition. Sie stammten aus Polizeibehörden diverser Bundesländer, von Armee, Bundespolizei und Zoll.

Sie werden nun denken: So viel Munition aus so vielen unterschiedlichen Quellen – da sind doch sicher die Organisationsstrukturen dieser Terrorbestrebungen ermittelt worden! Nun: Kein Mitglied der »Nordkreuz«-Bande sitzt im Gefängnis. Einzig Marko G. wurde verurteilt – auf Bewährung. Nicht aber als Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Organisation. Die Wege der Munition, die Kontakte hinter den Vorbereitungen – für alles das interessierte sich das Gericht nicht. Fast alle der Einzelverfahren gegen »Nordkreuz«-Mitglieder wurden eingestellt. Und: Für den Großteil der unterschlagenen Munition gab es für G. noch nicht einmal eine Verurteilung wegen illegalen Besitzes. Der Grund: Bei einer ersten Hausdurchsuchung entzogen die Beamten zwar physisch die Waffenbesitzkarte. Doch in der örtlichen Waffenbehörde löschte man G. nicht aus der Erlaubnisliste. Als man dann bei einer zweiten Durchsuchung noch einmal Zehntausende Patronen fand, war deren Besitz dann gar nicht illegal. In der Waffenbehörde arbeitete, Zufälle gibt’s, ein Kumpel von G. Aufschrei der Öffentlichkeit? Fehlanzeige.

Denn die pflegt zur Polizei und ihren immer wieder bekannt werdenden rechten Skandalen, Chats und Umtrieben ein Verhältnis wie Kinder zu ihrem schlagenden Vater. Kein Skandal, kein kurzer Blick in die Tiefe der Verdorbenheit der Behörden weckt Gefühle, die nur an diejenigen herankämen, wenn etwa eine dicke Politikerin in einer Talkshow redet. Selbst für Journalist*innen ist die Polizei vor allem Autorität, deren Darstellungen es ohne jede Not zu verbreiten statt zu hinterfragen gilt.

Infrastrukturelles Rückgrat der »Nordkreuzler« ist ein Schießplatz in Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern. Dort, draußen in der Provinz, wollen Antifaschist*innen am kommenden Wochenende demonstrieren und noch einmal die Aufmerksamkeit auf die putschistischen Strukturen innerhalb des Staatsapparats lenken. Einer Staatskrise indes, wie die Nazis in Uniform sie fieberhaft herbeisehnen, sind wir in den vergangenen Wochen ganz schön nahe gerückt: Denken wir nur an die Insolvenz großer Gasversorger und eine mögliche Kettenreaktion auf dem Energiemarkt, eine Einstellung der Gaslieferungen aus Russland, die kommende Heizperiode oder eine mögliche galoppierende Inflation.

Zur Güte hier ein Vorschlag: Die Behörden könnten ja mal schwerbewaffnete Terrorstrukturen wie »Nordkreuz«, die sich sogar einen eigenen Namen geben, mit echter Entschlossenheit durchleuchten. Etwa mit derjenigen, die man aufbringt, wenn Antifas ein paar ostdeutschen Kameradschaftsnazis nachdrücklicher auf die Finger klopfen. Durch eine Strafverfolgung zum Beispiel, die sich von der Ermittlungsthese einer kriminellen Organisation nicht abbringen lässt – selbst bei, sagen wir mal, schwieriger Faktenlage.

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