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Mehr Unterstützung für arme Franzosen
Regierung bringt umfangreiche Maßnahmen zur Stabilisierung der Kaufkraft auf den Weg
Mehr als 20 Milliarden Euro will die französische Regierung für die Stützung der Kaufkraft der Löhne, Renten und Sozialhilfen für die einkommensschwächsten Bürger aufwenden. So soll der Inflation entgegengewirkt werden, vor allem den stark steigenden Energietarifen und Lebensmittelpreisen. Ein entsprechender Gesetzentwurf, der vom Ministerrat Ende der vergangenen Woche verabschiedet wurde, soll bereits in dieser Woche im Parlament behandelt werden, damit er noch vor der Sommerpause in Kraft treten kann.
Die meisten Maßnahmen werden allerdings frühestens ab September wirksam. Beim Tauziehen um dieses Gesetz wird sich erstmals das neue Kräfteverhältnis im Parlament zeigen, das sich dadurch ergeben hat, dass die Regierung seit der Parlamentswahl im Juni nicht mehr über die absolute Mehrheit verfügt. Dadurch ist sie für jedes Gesetz auf wechselnde Koalitionen mit Teilen der Opposition angewiesen, was erfordert, zu verhandeln und Kompromisse einzugehen. »Das gehört nicht zur traditionellen französischen Politik-Kultur«, schätzt die Politikwissenschaftlerin Cloé Morin von der Stiftung Jean Jaurès ein.
Beim Kaufkraftgesetz hat die linke Parteienallianz Nupes zwar bereits ihre grundsätzliche Zustimmung angekündigt, sie fordert aber Verbesserungen in Form von mehr und höheren Hilfszahlungen. Das Gesetz sieht vor, als Ausgleich für die starken Preiserhöhungen bei Treibstoff den Arbeitnehmern, die für den Weg zur Arbeit auf das Auto angewiesen sind, je nach Entfernung einen Scheck über 100 bis 300 Euro auszustellen. In den Genuss dieser Maßnahme kommen 12 Millionen einkommensschwache Haushalte, die Kosten für den Staatshaushalt belaufen sich auf 4,6 Milliarden Euro. Diese Zahlung tritt an die Stelle der staatlichen Subvention, durch die gegenwärtig der Treibstoffpreis um 18 Cent pro Liter gedrückt wird.
Die Regierung appelliert zudem an die Unternehmen, die Löhne »angemessen« zu erhöhen, überlässt dies allerdings den Verhandlungen der Sozialpartner. Staatlicherseits werden die Steuervergünstigungen für Überstundenzuschläge, Einmalprämien oder Gewinnbeteiligungen aufgestockt. Der staatliche Zuschuss für besonders niedrige Einkommen wird um 4 Prozent erhöht, für Selbstständige werden die Sozialabgaben gesenkt, und Beamte erhalten zusätzlich zu ihrer an die Inflation gekoppelten Gehaltserhöhung eine Aufstockung von 3,5 Prozent.
Laut Gesetz sollen außerdem Mietpreiserhöhungen auf maximal 3,5 Prozent pro Jahr begrenzt werden, und gleichzeitig wird das Wohngeld um ebenfalls 3,5 Prozent erhöht. Andere Formen von Sozialhilfe sowie Stipendien für Studierende werden um 4 Prozent angehoben; zudem erhalten acht Millionen Familien mit Kindern zusätzlich zur üblichen finanziellen Unterstützung zum Schuljahresbeginn 100 Euro pauschal sowie 50 Euro für jedes Kind. Für alle Haushalte wird die Rundfunk- und Fernsehgebühr abgeschafft, die bisher noch 138 Euro pro Jahr beträgt. Die öffentlich-rechtlichen Sender, für die dieses Geld bestimmt war, erhalten dafür vom Staat einen Ausgleich.
Wie Regierungssprecher Olivier Véran vorrechnet, summieren sich die verschiedenen zusätzlichen Beihilfen beispielsweise für eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind, die mit dem Auto zur Arbeit fahren muss und den Mindestlohn SMIC bezieht, auf 1223 Euro im Jahr.
Für die Linksparteienallianz Nupes erklärte der Abgeordnete François Ruffin von der Bewegung La France insoumise, die Franzosen seien nicht bereit, »sich mit Almosen zufriedenzugeben«. Die Forderungen von Nupes werden in Form von Gesetzesänderungsanträgen in die Parlamentsdebatte eingebracht. Die mehr als 20 Vorschläge reichen von der Erhöhung des Mindestlohns SMIC auf 1500 Euro netto über einen Preisstopp für Grundnahrungsmittel und alle Arten von Energie bis hin zur Anhebung des Wohngelds und der anderen Sozialhilfen um 10 Prozent. Doch vor allem fordert die Linksparteienallianz eine Sondersteuer von 25 Prozent auf die Gewinne der Energiekonzerne EDF und Engie, der Autobahngesellschaften, der Reedereigruppe CMA CGM und einer Handvoll weiterer von der Krise profitierender Großkonzerne, was sich auf 10 Milliarden Euro summieren würde.
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