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Das Erbe des Shinzo Abe
Ramon Schack über die Gefahren der Remilitarisierung Japans
Von einer »Kultur des Friedens« sprachen Experten in Bezug auf die auf die außen- und verteidigungspolitische Doktrin Japans in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach der katastrophalen Niederlage des Kaiserreichs im Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Japan – unter dem rigiden Blick der USA – zwar zu einem wirtschaftlichen Riesen, blieb dabei aber ein militärischer Zwerg. Japan verzichtete zu dieser Zeit auf offensive Waffensysteme, auf eine Wehrpflicht, Militärparaden, Aufmärsche etc. Sogar an UN-Missionen, die einen Waffengebrauch nicht kategorisch ausschließen, verweigerte Tokio die Teilnahme.
Mit Beginn des neuen Jahrtausends wurde diese pazifistische Grundhaltung sukzessive über Bord geworfen. Der rechtsnationale Politiker Shinzo Abe regierte das Kaiserreich von 2012 bis 2020 als der am längsten amtierende Premier des Landes. Abe rückte Japan nach rechts und betrieb die Revision der pazifistischen Nachkriegsverfassung. Diese Entwicklung, die nach der Ermordung Abes und dem Sieg seiner Partei, der LDP, bei den Unterhauswahlen fortgesetzt wird, birgt zahlreiche Risiken.
Japan erlangt dadurch keine strategische Souveränität, wie die Verfechter des Militarismus in Tokio suggerieren. Im Gegenteil. Es wird somit Bestandteil von Washingtons »Indopazifik-Strategie«, die gegen Peking gerichtet ist – in unmittelbarer Nachbarschaft zur Volksrepublik China. Dass Japan dadurch mehr Sicherheit gewinnt, oder gar eine Rückkehr zur wirtschaftlichen Stärke der 80er Jahre, ist unwahrscheinlich. Eher scheint es so, als ob in Ostasien ein neuer Krisenherd aufgerüstet wird, basierend auf einer historisch belasteten Frontstellung zwischen Tokio und Peking.
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