Bauen ist so teuer wie nie

Angestrebte Quote bei Sozialwohnungen weit verfehlt

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Von den ehrgeizigen Zielen ist wenig übrig geblieben: Stillstehender Neubau für Wohnraum in der Kieler Innenstadt
Von den ehrgeizigen Zielen ist wenig übrig geblieben: Stillstehender Neubau für Wohnraum in der Kieler Innenstadt

Wenn man dem früheren Hamburger Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) zuhört, kann einem angst und bange werden. Am Bau fehle es an Handwerkern und Material, die Preise für Dachlatten, Beton und Dachziegel schießen in nie gekannte Höhen, die rasant steigenden Energiepreise verteuern jedes Projekt, und nun steigen auch noch die Zinsen. Im Ergebnis, sagte der Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) während seiner Vorstellung der Jahresbilanz vergangene Woche in Berlin, gebe es für den gleichen Investitionsbetrag statt 100 nur noch 59 Wohnungen.

»Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt«, hatte die Wohnungswirtschaft noch vor Kurzem gehofft. So strotzt der Koalitionsvertrag der rot-grün-gelben Bundesregierung vor Optimismus: »Wir starten einen Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik.« Vorrangiges Ziel der Politik ist der Bau von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100 000 öffentlich geförderte. Dafür will die Regierung die finanzielle Unterstützung für den sozialen Wohnungsbau inklusive Eigenheimförderung fortführen und die Mittel erhöhen.

Von den ehrgeizigen Zielen ist wenig übrig geblieben. Gedaschko spricht mit Blick auf die zeitweilig gestoppte Förderung durch die staatliche KfW-Bank von »KfW-Chaos« und wirft der Regierung an anderer Stelle »Vertrauensbruch« vor. »Das Wohnen und Bauen befindet sich spätestens seit Jahresbeginn in einem perfekten Sturm, der sich infolge des Ukraine-Krieges aktuell zu einem gewaltigen Orkan entwickelt«, so Gedaschko.

Lieferkettenprobleme infolge der Corona-Pandemie, steigende Zinsen – eine zehnjährige Finanzierung kostet statt 0,33 nun 3,1 Prozent –, Fachkräfte- und Materialmangel sowie Preisexplosionen seit Beginn des Ukraine-Krieges: Aktuell türmten sich so viele Probleme auf und überlagerten sich so viele Krisen gleichzeitig, dass selbst der »Stabilitätspfeiler« der sozial orientierten Wohnungswirtschaft deutliche Risse bekommt. Die GdW-Mitglieder repräsentieren etwa ein Drittel der Mietwohnungen in Deutschland.

Das Ziel von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr, das die Bundesregierung ausgegeben hat, sei längst »Makulatur«. Viele Wohnungsunternehmen haben den Neubau angesichts der Preisexplosion ganz oder teilweise eingestellt, berichtet Gedaschko. Die Preisexplosion lähmt auch die Modernisierung von Wohnungen. Genügte Mitte 2021 noch eine Nettokaltmiete von 10,62 Euro pro Quadratmeter, um einen neuen Mietwohnungsbau zu finanzieren, liegt die dafür erforderliche Miete heute wegen der Baukostensteigerungen und Zinsanhebungen bei 16,87 Euro – und bald könnten es 20 Euro sein.

Gedaschko hält die hohen Mietpreise für Menschen mit geringerem Einkommen für unbezahlbar. Das gilt zugleich für die Nebenkosten: Die Preise für Heizung, Strom und Gas machen Sprünge. Viele der rund 3000 kommunalen Wohnungsunternehmen erhöhen in diesen Tagen die Vorauszahlungen, die Mieter leisten müssen. Vollständig zum Tragen kommen werden die steigenden Preise erst mit der nächsten Nebenkostenabrechnung. Für eine Familie könnte dies Zusatzkosten von bis zu 5000 Euro bedeuten. Hier sollte der Staat Mieter gezielt unterstützen, so Gedaschko.

Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 293 393 Wohneinheiten fertiggestellt – das sind 73 Prozent des ausgegebenen Ziels. Das bedeutet, vor allem Eigenheime und hochpreisige Eigentumswohnungen wurden gebaut. Bei Mietwohnungen (80 781) ist die Quote mit 50 Prozent weit schlechter, bei Sozialwohnungen beträgt sie sogar nur 22 Prozent. Statt der vom Bund erhofften 100 000 wurden lediglich 22 000 Sozialwohnungen fertiggestellt.

Bauen ist so teuer wie nie. Das trifft erst recht auf klimaschonenden Wohnungsbau zu. Auch ergebe etwa eine Solardach-Pflicht aktuell keinen Sinn, wenn Photovoltaik-Anlagen oder ihre Bestandteile nicht verfügbar sind. Auch wenn Wärmepumpen gar nicht oder nicht ausreichend verfügbar seien, könne der geplante Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien an der Wärmeenergie ab 2024 nicht erfüllt werden. Außerdem schätzt Gedaschko, dass allein für deren Ausbau 60 000 Handwerker fehlen. Sein Fazit: Die Politik sollte endlich den ersten Schritt vor dem zweiten tun, nämlich für bezahlbaren Wohnraum sorgen.

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