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Feiernde Role Models

Österreichs Fußballerinnen begeistern als erfolgreiche Gemeinschaft

  • Frank Hellmann, Brighton
  • Lesedauer: 4 Min.
Feiern, bis das Stadion leer ist: Für die Österreicherinnen gehören Spaß und Erfolg zusammen.
Feiern, bis das Stadion leer ist: Für die Österreicherinnen gehören Spaß und Erfolg zusammen.

Längst haben sie nach einem fast schon abgehoben anmutenden Abstecher in die Gay- und Party-Hochburg Brighton wieder Boden unter den Füßen – die österreichischen Fußballerinnen, die ihr EM-Quartier im Pennyhill Park, fast eine Autostunde westlich von London, aufgeschlagen haben. Hier finden die täglichen Medienrunden unter freiem Himmel statt, bei denen es jetzt nur noch ein Thema gibt: das Viertelfinale am Donnerstagabend gegen Deutschland. Ein Prestigeduell, das eine riesige Vorfreude in Österreich weckt. ORF1 hat schon bei den bisherigen Übertragungen der Europameisterschaft Marktanteile von stolzen 40 Prozent erreicht, nun kündigt sich eine Rekordquote für ein Länderspiel der Frauen an.

»Absolut fantastisch. Es ist sensationell, dass wir wieder unter den besten Acht in Europa sind. Unsere Spielerinnen brennen auf das Spiel gegen Deutschland«, erklärte Teamchefin Irene Fuhrmann, nachdem ihr lebensfrohes Ensemble mit einer taktischen Meisterleistung den zweifachen Europameister Norwegen beim 1:0 im letzten Gruppenspiel beherrscht hatte. Der »Aufstieg«, wie sie in der Alpenrepublik sagen, macht Lust auf mehr. »Wir werden kämpfen bis zum Schluss und uns für unser kleines Land aufopfern«, sagte Siegtorschützin Nicole Billa mit Blick auf die kommende Partie.

Gefeiert wurde der große Erfolg schon direkt im Falmer Stadium. Eine riesige Musikbox, laut wummernd und bunt blinkend, hatte der Spaßtrupp bis in die Heimat des Premier-League-Klubs Brighton & Hove Albion geschleppt – um eine dritte Halbzeit zu inszenieren, die keine Thekenmannschaft am Ballermann besser hinbekommen hätte. Nur kamen die Österreicherinnen ohne einen Tropfen Alkohol aus, es gab nicht mal einen Spritzer Sekt. Nach dem Schlusspfiff bildeten alle Spielerinnen und der gesamte Staff eine lange Reihe, um die inoffizielle Nationalhymne »I am von Austria« von Rainhard Fendrich zu schmettern. »So eine EM ist nur einmal, gut vielleicht auch zwei- oder dreimal im Leben. Aber wir haben uns vorgenommen, diese Momente zu genießen. Jede soll nachher sagen: Es war eine geile Zeit«, erklärte Billa, die Torjägerin der TSG Hoffenheim.

Nationaltrainerin Fuhrmann unterstützt das Feiern konsequent: »Wir haben für uns ein klares Motto: Wir wollen die Euro als absolute Belohnung sehen. Wenn wir verkrampft wären, dann könnte nicht solch eine Leistung herauskommen.« Die 41-Jährige wünscht sich, dass sich ihre Spielerinnen als ›Role Models‹ etablieren, »weil wir als Nationalmannschaft so viel Positives verkörpern.« Und damit, so hofft die Wienerin, könnte man endlich die Zahl der Fußballerinnen in Österreich erhöhen.

Schon bei der EM 2017 hatte sich die Nation von einer ÖFB-Auswahl begeistern lassen, deren Polonaise durch die Stadionkatakomben erst im Halbfinale endete. Mögen die Feierlichkeiten noch genauso aussehen wie in den Niederlanden, hat sich der Spielstil weiterentwickelt. »2017 haben wir schon gut verteidigt, aber da haben wir nur verteidigt«, sagt Abwehrchefin Carina Wenninger. Der Kader ist breiter bestückt, besitzt in der Offensive mehr Optionen. Gleichwohl bleibt die Defensive das Prunkstück: In acht EM-Partien 2017 und 2022 nur zwei Gegentore kassiert zu haben, spricht für eine exzellente Organisation und enorme Disziplin im Spiel gegen den Ball.

Zudem ist es für die Begegnung mit der laut Fuhrmann »Übermacht Deutschland« bestimmt kein Nachteil, dass 13 Akteurinnen in der deutschen Bundesliga unter Vertrag stehen. Stammkräfte wie Verena Hanshaw, Laura Feiersinger und Barbara Dunst von Eintracht Frankfurt hieven sich dort ebenso auf ein höheres Niveau wie ein ehemaliges Trio vom FC Bayern: Wie die zum AS Rom verliehene Wenninger sind auch Torhüterin Manuela Zinsberger von Arsenal und Kapitänin Viktoria Schnaderbeck von Tottenham beseelt davon, »gegen die halbe Bayern-Mannschaft zu spielen«, wie Wenninger verriet.

Professionalität gepaart mit Spaß sei die Erfolgsformel, erklärt Spielführerin Schnaderbeck: »Auf dem Platz sind wir immer professionell. Aber daneben sind wir eben so. Wenn du Spaß hast, wirst du happy. Und dann wirst du leistungsstärker.« Keine Frage: Es wird unterhaltsam, wenn der fröhlichste EM-Teilnehmer die Rekordeuropameisterinnen aus Deutschland fordert.

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