- Berlin
- Wohnungsmarkt
Es bleibt weiter eng
Ein neuer Bericht von Berlins Bausenator Andreas Geisel zeigt: In Sachen Neubau müssen sich landeseigene Wohnungsunternehmen noch verbessern
Um das ambitionierte Ziel von 20 000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr zu erreichen, ist Andreas Geisel (SPD) nicht zuletzt auf kommunale Projekte angewiesen. Nun hat der Bausenator seinen Bericht zur Wohnraumversorgung 2021 vorgelegt, der die 340 000 Wohnungen landeseigener Wohnungsgesellschaften unter die Lupe nimmt. Sie machen rund ein Fünftel aller Mietwohnungen in ganz Berlin aus.
»Insgesamt zeigt der Bericht, dass die Lage differenziert ist«, sagt Geisel auf der Senatspressekonferenz am Dienstag. Die Entwicklungen im vergangenen Jahr hätten vor allem unter dem Eindruck des Urteils zum Mietendeckel durch das Bundesverfassungsgericht gestanden: »Einmal, was die Entwicklung und die Stabilität der Miethöhen bei den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften betrifft, wie auch die Frage, wie man mit eventuellen Rückforderungen von Vermietern umgeht.« Das Gericht hatte das durch das Land veranlasste Einfrieren der Berliner Mietpreise im März 2021 für verfassungswidrig erklärt.
Laut Geisels Bericht hielten sich die Bestandsmieten in jenem Jahr auf demselben Niveau wie noch 2020: 6,29 Euro nettokalt pro Quadratmeter. Die Quadratmeterpreise in neuen Verträgen hingegen stiegen im Durchschnitt von 7 auf 7,25 Euro. »Klar haben wir eine angespannte Lage«, sagt Geisel. Die Bestandsmieten lägen damit jedoch deutlich unterhalb der ortsüblichen Preise, und auch die Neuvertragsmieten bewegten sich im Vergleich zu anderen Städten Deutschlands »in moderater Höhe«. Der Durchschnittsmietpreis aller Wohnungen in Berlin liegt Geisel zufolge bei 10,55 Euro nettokalt pro Quadratmeter.
An beschlossene Regelungen haben sich die kommunalen Wohnungsunternehmen 2021 weitestgehend gehalten: Insgesamt 15 385 Bestandswohnungen wurden im Jahr 2021 wiedervermietet, wovon 62,5 Prozent an Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein (WBS) gingen. Als Vorgabe galt eine Quote von 63 Prozent. Von 5755 Neubauwohnungen, die 2021 erstmals zur Vermietung standen, wurden hingegen nur 44 Prozent an WBS-Berechtigte vergeben. Vereinbart waren hier eigentlich 50 Prozent.
»Allerdings ergibt sich aus dem Bericht eben auch das Problem, dass es zu wenige freie Wohnungen gibt«, sagt Bausenator Geisel. Nach wie vor sei der Bedarf an Sozialwohnungen deutlich höher als der Bestand. Dass sich zudem die Fluktuation auf niedrigem Niveau bewege, mache deutlich, wie dringend Neubau benötigt werde: »Ansonsten wird man den Wohnungsmarkt nicht entspannen können.« Die Zahl der durch landeseigene Wohnungsunternehmen neu gebauten Wohnungen für 2021 beläuft sich laut Bericht auf 3307.
Hier setzt auch die Kritik des mietenpolitischen Sprechers der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus an. »Wiederholt konnten die landeseigenen Wohnungsunternehmen ihre Neubauziele nicht einhalten«, sagt Niklas Schenker. Es sei nicht zufriedenstellend, dass die Sozialwohnungsquote von 50 Prozent unterschritten worden sei. »Wir müssen auch in der Krise dafür Sorge tragen, dass der kommunale Wohnungsbau weiter ermöglicht wird.« Bauförderungen, so Schenker, müssten gänzlich neu auf die Landeseigenen ausgerichtet werden.
Ihrem Ärger über Bausenator Geisel macht zudem die Initiative Deutsche Wohnen und Co enteignen Luft. Sie hält dem SPD-Politiker eine intransparente Vorgehensweise vor, die gegen den Senatsbeschluss zur Enteignungskommission verstoße. »Senator Geisel hat seine eigene Verwaltung offensichtlich nicht im Griff, denn bisher wissen wir und die breite Öffentlichkeit nichts über diese Kommission«, sagt Gisèle Beckouche, Sprecherin der Initiative. Weder sei bekannt, wo der Beirat tage, noch wann die einzelnen Sitzungen stattfänden.
Die Initiative fordert nun, die Informationen zur Kommission offenzulegen. Beckouche sagt: »Die Enteignung großer Wohnungskonzerne ist ein Mandat der Berliner Wähler*innen an die Regierenden, das nicht verschludert und verschleppt werden darf.« Geisel selbst zeigt sich während der Senatspressekonferenz von den Vorwürfen überrascht: »Ich gehe davon aus, dass die Daten entsprechend veröffentlicht werden.«
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.