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Friedrichshain-Kreuzberg forciert mit Kampagne Mehrwegsysteme in der Gastronomie
»Die Reinigungskosten explodieren und die Grünanlagen sehen nach einem schönen Sommerwochenende trotzdem so aus, wie sie aussehen«, sagt Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) am Montag bei einer Pressekonferenz. Dass sie oft wie Müllhalden aussehen, sagt sie allerdings nicht. 2016 habe der Bezirk noch 450 000 Euro für die Reinigung von Grünflächen und Spielplätzen ausgegeben, 2021 waren es bereits 650 000 Euro. »Das ist ein enormer Aufwuchs der Kosten bei der Reduzierung der Flächen, die wir reinigen«, so Herrmann weiter. Denn inzwischen ist die Berliner Stadtreinigung nicht nur für den Görlitzer Park, sondern auch für acht weitere Plätze und Ufergrünzüge im Bezirk verantwortlich.
Doch einfach immer mehr Geld in die Reinigung der öffentlichen Flächen zu investieren, ist für die Grünen-Politikerin der falsche Ansatz, zumal der Bezirk seit 2019 ein Zero-Waste-Konzept hat und man konsequent daran arbeite, es umzusetzen. »Alle zwei Stunden werden in Friedrichshain-Kreuzberg Einwegbecher weggeworfen, die man bis zur Höhe des Fernsehturms aufstapeln könnte«, verdeutlicht Clara Herrmann die Dimension. Mit Antenne ist das höchste Bauwerk Deutschlands 368 Meter hoch.
Bei der Umsetzung des bezirklichen Null-Müll-Plans soll die noch bis November laufende Kampagne »Frag nach Mehrweg« behilflich sein. Mit 60 000 Euro aus der Tourismusabgabe werden Betreiberinnen und Betreiber von Restaurants, Cafés, Imbissen und Spätkäufen über Mehrwegkonzepte bei Mitnahmeverpackungen informiert und auf Wunsch auch detailliert dazu beraten. Schwerpunktmäßig rund um die Admiralbrücke in Kreuzberg und den Boxhagener Platz in Friedrichshain wurden im Januar zunächst insgesamt 100 Betriebe angesprochen, zwischenzeitlich ist das Gebiet deutlich ausgeweitet worden. Insgesamt 290 Betriebe auch rund um das Kottbusser Tor sowie am Ostkreuz sind inzwischen kontaktiert worden.
Mit einigem Erfolg. Auf dem Wochenmarkt am Boxhagener Platz haben alle Händlerinnen und Händler, die Kaffee ausschenken, vor rund zweieinhalb Monaten auf ein gemeinsames Pfandbecher-System umgestellt. »Seitdem konnten 10 000 Kaffeebecher eingespart werden«, sagt die Bezirksbürgermeisterin erfreut. Insgesamt 14 Betriebe in den beiden Gebieten haben inzwischen auf Mehrwegsysteme umgestellt, acht weitere sind gerade dabei.
Zu Beginn der Kampagne im Januar gaben 30 Prozent der Betriebe an, Mehrweglösungen zu kennen, im Juni waren es bereits 65 Prozent. 60 Prozent der Unternehmen akzeptierten im Winter die Befüllung mitgebrachter Gefäße von Kundinnen und Kunden, inzwischen sind es 95 Prozent. Auch fragen immer mehr Gäste nach Mehrwegsystemen zur Mitnahme.
Letztlich ist die Kampagne ein Vorgriff auf bundesgesetzliche Regelungen, die ab Anfang 2023 greifen. Dann müssen alle Betriebe, deren Gesamtfläche inklusive Außenbestuhlung mindestens 80 Quadratmeter groß ist, ein Mehrwegsystem anbieten und darüber informieren, kleinere Läden müssen zumindest die von Gästen mitgebrachten Behälter befüllen.
Nicht nur das Bundesgesetz, sondern auch steigende Energie- und Papierpreise sind starke Triebfedern für Mehrweglösungen. In rund 80 Prozent der Fälle sind sie für Gastronominnen und Gastronomen günstiger als die Wegwerflösung, sagt Maximilian Mauracher von der Agentur New Standard Studio, die das Projekt betreut. »Wenn wir 20 Prozent der Betriebe schaffen würden zu überzeugen, wäre das sehr, sehr viel.« Immerhin 22 von 290 sind schon im Boot. Zur Traumquote fehlen noch 36.
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