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Rund sind Ball und Mondgesicht
BallHaus Ost: Ein Fälscher in Dresden, ein Zuchtmeister in Aue
Für viele Menschen hat seit ein paar Tagen das Leben wieder einen tieferen Sinn. Zwischen Saßnitz und Suhl wird endlich Fußball gespielt, das hässliche Gespenst der Sommerpause hat sich in der heißen Luft der Spiele aufgelöst. Reporter feilen neuerlich an merkwürdigen Schachtelsätzen und hanebüchenen Vergleichen zwischen Ball und Borke. Die arme MDR-Fußballfee Stephanie Müller-Spirra führt ihre fantastische Garderobe aus und muss Impfpassfälscher Markus Anfang irgendwie interviewen. Nein, ich behaupte nicht öffentlich, ein reuiger Sünder wie Trainer Anfang passe unheimlich gut zum Zweitligaabsteiger Dynamo, beheimatet in Deutschlands heimlicher Schwurblerhauptstadt Dresden. Aber das Grau seiner Gesichtsfarbe konterkarierte aufs Geschmackvollste seine Maske aus Bedeutungsverlust.
Die Farbe Gelb beherrschte hingegen kurz darauf am Sonnabend die Mattscheibe, als in der dritten Liga Dynamo Dresden im heimischen Stadion vom aufstiegsträumenden TSV 1860 München gepflegt zerpflückt wurde. Anfang machte dort weiter, wo seine zahlreichen Vorgänger in der verwichenen Saison versagten. 2022 hat die SGD noch kein Spiel gewonnen. Im Sturm versuchte sich der Herr Kutschke vergeblich, Dynamo wird es diese Saison schwer haben in Liga drei. Ob die Verpflichtung von Anfang eine gute Idee war, wird sich zeigen. Im Fernsehen kam er in seiner Analyse des Geschehens kauzig und rhetorisch tapsig rüber. Er war bestimmt günstig zu haben, wie überhaupt einige der Neuverpflichtungen auf dem Platz restpostenhaft staksten und Heilsbringerqualitäten vermissen ließen.
Neben Dresden dürfen sich noch Zwickau, Halle und Aue im Kampf um den Aufstieg die Augen auskratzen. Erzgebirge Aue holte einen Punkt in Freiburg. Der strenge Zuchtmeister Helge Leonhardt sitzt nach wie vor fest im Auer Sattel. Es scheint, als wäre er der einzige Mensch aus der Ecke, der bis drei zählen könne. Aber seien wir ehrlich, wir mögen diesen Holzzipfelmützenträger Marke Merkwürden, weil er so schönen Unfug erzählt und als Bösegucker und Ossi-Patriarch der ganz alten Schule noch jeden naseweisen Laptopwessi das Fürchten lehrt. Aue bedeutet Kampf bis aufs Messer, das weiß niemand so gut wie der alte NVA-Fuchs, der angeblich samt Nadelstreifenanzug gern mal im Trainingslager per Arschbombe bewies, wo Barthel den Kumpeltod holt. Ein volksnaher Schlawiner, der bei seinen Reden ans Auer Publikum oft unfreiwillig komisch wirkt, ein hemdsärmeliger Unternehmer und Nachwendeemporkömmling, wie ihn nur das Erzgebirge hervorzaubern kann. Ein schräges Original im Heer der braven Langweiler, dem wir noch eine lange Haltbarkeit wünschen.
Rund sind Ball und Mondgesicht nicht nur in Zwickau. Jeder kennt diese Momente, wenn man beim Fußball so durchdreht, dass man nicht mehr weiß, wo man war und für ein paar Sekunden nichts außer der puren Freude mitbekam. So ging es mir früher bei den zahlreichen Siegen der geliebten Jenaer gegen Halle und Zwickau. Während sich Carl Zeiss vorerst oder für immer hoffnungslos in die Regionalliga verliebt hat, um dort traumverloren die Wollmilchsau des Aufstiegs zu suchen, tingeln die beiden grauen Mäuse halbmotiviert durch die Drittklassigkeit. Viel scheint der Ostfußball in dieser Saison dort nicht zu reißen.
Aber wir haben ja Rostock und die Größten der Welt in Liga zwei, um ein wenig Freude vorm Fernseher zu entwickeln. Meine Saisonprognose: Hansa und der 1. FC Magdeburg steigen nicht ab. Dynamo Dresden landet auf Platz vier, Aue wird Neunter, Halle und Zwickau kämpfen gegen den Abstieg.
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