Menschen fliehen trotzdem

Louisa Theresa Braun kritisiert das Zwei-Klassen-System für Geflüchtete.

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Entscheidung vieler anderer Bundesländer, aus dem System zur gemeinschaftlichen Verteilung und Aufnahme von Asylsuchenden auszusteigen, ist unsolidarisch und egoistisch – und für viele Geflüchtete lebensgefährlich. Alle Länder sind zurzeit mit deren Unterbringung überfordert, auch Berlin. Die Lösung kann nicht sein, einfach niemanden mehr aufzunehmen. Denn damit sind Krieg und Verfolgung in anderen Teilen der Welt ja nicht vorbei. Menschen fliehen nicht nur dann aus ihrer Heimat, wenn in deutschen Städten Wohnungen leerstehen. Sie fliehen, weil sie müssen. Weil sie in ihren Herkunftsländern unterdrückt, diskriminiert, gefoltert werden oder dort keine Zukunft haben.

Und das trifft auf viele Menschen aus Ländern wie Syrien oder Afghanistan genauso zu wie auf jene aus der Ukraine. Die Verteilung nach zwei unterschiedlichen Systemen – und der Ausstieg aus demjenigen, das für Asylsuchende gilt – schafft faktisch zwei Klassen von Geflüchteten: Ukrainer*innen dürfen weiterhin kommen, aber dann ist das Boot voll. Das wirkt verdächtig nach institutionellem Rassismus, denn die meisten Menschen aus der Ukraine sind weiß, christlich und europäisch sozialisiert.

Umso besser, dass Berlin da nicht mitmacht. Und dass der Senat, trotz der großen Herausforderung, lieber Notfallpläne macht, Zelte aufstellt und Hotels akquiriert. Das mögen keine Unterkünfte sein, in denen sich Schutzsuchende allzu lange wohl fühlen. Aber besser als gar kein Platz zum Schlafen sind sie allemal. Und der sollte in einem Land, in dem die Menschenrechte gelten, auch jedem Menschen zustehen.

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