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Die große Kränkung
Das normale Fernsehen ist schlimmer als der Rücktritt von Patricia Schlesinger
Tragt mich zum Auto – ich fahre euch heim: ein alter Partywitz unter Betrunkenen. Patricia Schlesinger könnte ihre Karriere so zusammenfassen: Tragt mich zum Sender, ich nehme das Auto. Denn einer der Vorwürfe, wegen denen die Intendantin des RBB am Sonntag zurückgetreten ist, lautet, sie habe teure Dienstwagen und Chauffeure angemietet und auch privat benutzt. Das muss man sich leisten können, gerade jetzt, da Sparen für den Krieg das neue Staatsziel wird.
Schlesinger hat sich anscheinend viel geleistet: Laut »Bild« wurde bei ihrem Amtsantritt 2016 die Chefetage beim RBB teuer umgebaut und 2021 ihr Jahresgehalt auf das Niveau des Bundeskanzlers erhöht. Doch der bekommt keine Boni. Ihrem Ehemann, dem Ex-»Spiegel«-Korrespondenten Gerhard Spörl, sollen vom Sender Beraterjobs vermittelt worden sein. Gleichzeitig gingen die Kosten für das geplante »Digitale Medienhaus« des RBB durch die Decke. Als Journalistin kam Schlesinger aus der linksliberalen Ecke, heute erzielt sie denselben Kopfschüttelfaktor wie die Protz-Hochzeit von Christian Lindner.
Als Linke sind wir für den Staat. Doch das öffentlich-rechtliche TV hat sich schon lange aufgegeben. Sein kultureller Anspruch geht gegen null, sein Anspruchsdenken ist rein ökonomisch. Es kauft Programm bei privaten Firmen und begründet seine Trivialsendungen mit der Einschaltquote. Es geht um Konsum und Werbung. Angeblich wird nur das gesendet, was die Menschen wollen. Das ist die große Kränkung, nicht die Affäre Schlesinger. Für wie dumm werden die Leute gehalten? Wer das öffentlich-rechtliche Fernsehen retten will, muss den Quotenterror bekämpfen. Dann bekommen die Intendant*innen auch weniger Massagestühle.
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