- Politik
- Wohnungsmarkt
Indexmieten werden zum Problem
Die stark gestiegenen Verbraucherpreise führen teils zu höheren Mieten
Für Indexmietverträge gelten ganz eigene Regeln. Vieles, was normalerweise bei Mietverträgen beachtet werden muss, ist bei diesen anders. Die Vermieter dürfen die Wohnungsmiete nicht alle paar Jahre entsprechend der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Stattdessen richtet sich die Mieterhöhung nach dem Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes.
Jahrelang war das eher von Vorteil für Mieter. Der Verbraucherpreisindex, also die durchschnittliche Preisentwicklung der Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte in Deutschland, war niedrig. Im Jahr 2020 lag dieser beispielsweise bei 0,5 Prozent. Obwohl Indexmietverträge seit 2001 nicht nur für Gewerbeimmobilien, sondern auch für Wohnraum zulässig sind, fristeten sie bisher ein Nischendasein.
Konkrete Zahlen darüber, wie viele Indexmietverträge in Deutschland bestehen, gibt es nicht. Doch seit die Verbraucherpreise so stark steigen, erfreuen sie sich plötzlich großer Beliebtheit bei Vermietern. So hatte beispielsweise der Wohnungskonzern Vonovia angekündigt, verstärkt auf Indexmietverträge zu setzen. »Gerade in den größeren Städten wie Hamburg, Berlin, Köln, aber auch Rostock und Hannover melden uns die Mietervereine eine deutliche Beratungsnachfrage zu Indexmietverträgen«, so Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund gegenüber »nd«. »Das ist ein großes Problem, die Mieterinnen und Mieter haben keine Wahl. Wer sagt, er will keinen Indexmietvertrag, bekommt die Wohnung nicht.«
Vor der steigenden Inflation seien Indexmietverträge in den Beratungen kaum ein Thema gewesen. »Bevor die Inflation jetzt so explodiert ist, war ein Indexmietvertrag für Mieter sogar vorteilhaft«, erläutert Hartmann. Zum einen, weil die Miete nicht stärker steigen kann als die Inflation – selbst dann nicht, wenn die örtliche Vergleichsmiete höher ist. »Zum anderen darf der Vermieter die Kosten für Luxussanierungen wie ein schickes Bad, aber auch den Anbau eines Balkons oder Fahrstuhls nicht auf den Mieter umlegen«, erklärt Hartmann.
Im Gegensatz zu anderen Mietverträgen gibt es bei Indexmietverträgen aber keine sogenannte Kappungsgrenze, also keine Grenze nach oben. Sogar Mieterhöhungen, die über der Mietpreisbremse liegen, sind bei entsprechender Inflationsrate möglich. Im Juli lag diese beispielsweise bei 7,8 Prozent. Mietern, die bereits einen Indexmietvertrag haben, droht nun auf einen Schlag eine gewaltige Mieterhöhung. Zwar hatte es in den vergangenen Jahren wegen der niedrigen Infaltion nur sehr geringe Erhöhungen gegeben. Trotzdem wird eine so aprubte starke Erhöhung in Kombination mit den allgemeinen Preissteigerungen für viele zum Problem.
»Wir fordern jetzt, dass keine neuen Indexmietverträge abgeschlossen werden können«, erklärt Hartmann die Position des Mieterbunds. Dieser fordert außerdem für bestehende Indexmietverträge eine Kappungsgrenze. »Es wäre schon ein Fortschritt, wenn die von der Ampel-Koalition geplante reduzierte Kappungsgrenze dann auch für Indexmietverträge gelten würde«, so Hartmann. Aktuell darf die Miete bei normalen Verträgen innerhalb von drei Jahren höchstens 20 Prozent, aber nicht höher als die örtliche Vergleichsmiete steigen. In Gebieten, in denen die ausreichende Versorgung mit Wohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, gilt eine Kappungsgrenze von 15 Prozent. Geplant ist von der Regierung eine Absenkung auf elf Prozent. »Wir würden uns aber eine deutlichere Absenkung wünschen, maximal sechs Prozent in drei Jahren«, sagt Hartmann.
Auch in der Politik werden seit einiger Zeit Stimmen zur Abschaffung von Indexmietverträgen laut. Die Linksfraktion stellte Mitte Juli einen entsprechenden Antrag. »Da sich Vertragsvereinbarungen mit Indexmieten als krisenanfällig zu Ungunsten der Mieterinnen und Mieter erweisen, sind diese nicht zukunftsfähig und müssen abgeschafft und Neuabschlüsse untersagt werden«, so die Linke. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) gab Mitte Mai bekannt, ihr Bauministerium prüfe, wie Mieterinnen und Mieter mit Indexmietverträgen vor übermäßigen Belastungen geschützt werden können.
Eine Begrenzung von Indexmieten sei nichts als eine Nebelkerze, kommentierte daraufhin Kai Wernicke, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer. Doch auch innerhalb der Ampel-Koalition besteht Uneinigkeit. Während die FDP keinen Änderungsbedarf bei Indexmieten sieht, sprachen sich die Grünen ebenfalls für eine Begrenzung aus.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.