• Berlin
  • Schwimmunterricht für Kinder

Schluss mit dem Strampeln

Berlins Kostenlose Schwimmkurse für Schulkinder zeigen Wirkung – doch auf andere Angebote müssen Eltern und Kinder noch immer lange warten

  • Patrick Volknant
  • Lesedauer: 3 Min.

»Das ist ja mal ein ganz ungewohnter Ort für eine Pressekonferenz«, sagt Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) am Montag in der Lichtenberger Schwimmhalle Sewanstraße. Chlorgeruch liegt in der warmen, feuchten Luft, im Hintergrund ist zu hören, wie Kinderbeine im Wasser strampeln. »Schwimmen ist lebenswichtig. Das kann ich immer nur wiederholen.«

Wie schon ihre Amtsvorgängerin vor rund einem Jahr will Busse heute ein Resümee zu den kostenlosen Intensiv-Schwimmkursen ziehen, die das Land Berlin für Schulkinder der Klassen drei bis sechs kostenlos zur Verfügung stellt. Mehr als 1000 Kinder haben laut Angaben der Senatsverwaltung während der vergangenen Osterferien an den Kursen teilgenommen. Dabei konnten 430 von ihnen das Seepferdchen und 330 das Bronzeabzeichen als Zeichen ihrer Schwimmfähigkeiten ergattern. Im gesamten Vorjahr sollen über 8100 Kinder das kostenlose Angebot genutzt haben.

Mit den Zahlen zeigt sich Busse zufrieden. »Das ist ein sehr, sehr schöner Erfolg«, sagt sie. Nicht alle Bundesländer würden derartige Schwimmkurse anbieten, wie es in Berlin »seit Menschengedenken« der Fall sei. Durchgeführt wird das Programm vom Landessportbund sowie der Sportjugend, zusammen mit Berliner Schwimmvereinen und in Anlagen der Berliner Bäderbetriebe. Die Bildungsverwaltung stellt die nötigen Mittel zur Verfügung.

Und doch steht dem Land das Wasser bis zum Hals, zumindest wenn es um die Verfügbarkeit von Schwimmkursen geht. So kritisierte der Berliner Beirat für Familienfragen kürzlich das unzureichende Angebot. Das ehrenamtliche Gremium hatte eine Umfrage unter Berliner Familien durchgeführt, die laut eigenen Angaben dringenden Handlungsbedarf offenlegt.

Zwar seien über 50 Prozent der Befragten mit dem Sportangebot in der Hauptstadt weitestgehend zufrieden, doch viele bemängelten extrem lange Wartezeiten, um Kursplätze zu ergattern. Zudem hätten die Befragten den teils schlechten und dreckigen Zustand der Sportanlagen moniert. Trotzdem stellt Schwimmen laut der Umfrage nach wie vor die beliebteste Sportart unter Berliner Familien dar.

René Orgis, Schwimmtrainer beim Berliner Schwimmverein Berolina, der ebenfalls an den vom Land initiierten Intensiv-Schwimmkursen mitgewirkt hat, bestätigt den Eindruck des Berliner Beirats: »Wir haben schon seit Jahren das Problem, dass wir einen Riesenstau haben. Wenn die Eltern ihre Kinder für die Anfängerstunden anmelden wollen, mussten sie zwei bis drei Jahre warten, bis sie überhaupt einen Platz bekommen.« Durch die Sonderkurse habe es nun immerhin eine Entlastung gegeben, die die Wartezeiten auf ein bis eineinhalb Jahre verkürzt habe.

»Wir haben in der Stadt zu wenige Schwimmhallen, die in Betrieb sind«, sagt Orgis zu »nd«. Lange habe man kleinere Renovierungsarbeiten vor sich hergeschoben, jetzt müssten Bäder aufgrund des Sanierungsstaus über Jahre hinweg geschlossen werden. Zugleich komme es immer wieder vor, dass Schwimmbahnen angemietet würden, ohne sie richtig auszulasten.

Orgis beobachtet aber auch, dass Eltern die Schwimmererziehung vernachlässigten. »Sie merken teilweise erst kurz vor der Einschulung: ›Oh Gott, mein Kind kann gar nicht schwimmen.‹« Der Nachwuchs lerne mittlerweile nicht mehr mit fünf Jahren Schwimmen, sondern erst mit sieben, acht oder neun.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -