Die Montagsdemos haben eine Chance verdient

Man sollte sich nicht von den Rechten bestimmen lassen, wann man für soziale Gerechtigkeit auf die Straße geht

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.
Bei den Montagsdemos gegen Hartz IV vor fast 20 Jahren richtete sich die Wut vor allem gegen die SPD. Ohne diese soziale Bewegung würde es die Linkspartei heute vermutlich nicht geben.
Bei den Montagsdemos gegen Hartz IV vor fast 20 Jahren richtete sich die Wut vor allem gegen die SPD. Ohne diese soziale Bewegung würde es die Linkspartei heute vermutlich nicht geben.

Es ist so eine Sache mit der Linken: Kaum öffnet sich ein Fenster für Sozialproteste, streitet man darüber, wie man es richtig macht, statt es einfach mal zu machen. Eine weitere Neuauflage der Montagsdemos berge die Gefahr einer Übernahme von Rechts, sei Querfront, weil die rechtsextreme Pegida-Bewegung montags auf die Straße ging, so das Gegenargument zu Pellmanns Vorschlag. Doch warum sich von den Nazis vorschreiben lassen, wann man auf die Straße gehen soll?

Schließlich machten die Hartz-IV-Proteste und die damit verbundenen Montagsdemos vor fast 20 Jahren die Linkspartei erst zu dem, was sie ist. Vermutlich wäre sie ohne die letzten großen Sozialproteste in diesem Land gar nicht erst gegründet worden. Übrigens waren damals auch schon mal die SPD und die Grünen gemeinsam in der Regierungsverantwortung. Eine Neuauflage der Montagsdemos hat deswegen durchaus eine Chance verdient. Vor allem, weil niemand sagen kann, welche Form des Protest greift. Es wird wohl mehrere Versuche geben müssen, bis die Verhältnisse in Bewegung kommen. Doch eins ist am gefährlichsten: Gerade jetzt nichts zu machen und jeden Vorschlag erstmal monatelang zu zerreden. Natürlich birgt eine Neuauflage der Montagsdemos die Gefahr, dass Nazis sie unterwandern. Doch wer garantiert, dass die Nazis nicht auch an einem anderen Tag versuchen, mitzulaufen? Schließlich gibt es diese Gefahr bei jeglicher Form breiteren Sozialprotestes. Und natürlich sollte man sich darauf vorbereiten, doch sollte die Angst vor einer Übernahme nicht alles bestimmen.

Eines muss Pellmann jetzt wissen: Er muss liefern und auch auf der Straße etwas organisieren. Sonst war die Diskussion um die Demos eine Scheindebatte, die zu nix führt.

Kontra: Montagsdemos
nd-Redakteur Robert D. Meyer ist gegen die Neuauflage der Montagsdemonstrationen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -