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Atomkraft? Keinen Tag länger!
Der 31. Dezember 2022 ist der Abschalttermin für die letzten drei deutschen AKW. Dabei muss es allen Widerständen zum Trotz bleiben
Wenige Monate vor dem Abschalttermin der letzten drei deutschen AKW droht der Atomausstieg zu kippen. Die Unionsparteien und die FDP nutzen die Gaskrise und die berechtigten Sorgen der Bevölkerung, um der hochriskanten Dinosauriertechnik ein deutsches Comeback zu bescheren. Energiepolitisch wäre das ein Irrweg, sicherheitspolitisch unverantwortlich.
Atomkraftwerke können Gaskraftwerke nicht ersetzen. Das Einsparpotenzial für Erdgas durch die deutschen AKW liegt laut Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums bei 0,5 bis 0,6 Prozent. Für den kommenden Winter dürften die Berechnungen sogar noch deutlich darunter liegen. Denn die AKW müssten mit den fast vollständig abgebrannten Brennstäben auskommen und ihre Leistung drastisch reduzieren. Weil Gaskraftwerke meist Kombikraftwerke sind – sie produzieren gleichzeitig Strom und Wärme –, können sie nicht einfach durch AKW ersetzt werden. Im Gegensatz zu Atomreaktoren können Gaskraftwerke zudem flexibel gesteuert werden. Im Stromnetz haben sie somit die Funktion, Spitzenlasten und Schwankungen auszugleichen. AKW können das nicht leisten.
Trotzdem ist das Thema Atomkraft noch nicht vom Tisch. Aktuell sollen die vier Betreiber der bundesweiten Stromnetze mit einem erneuten Stresstest und Worst-Case-Szenarien klären, ob im Winter der Strom knapp werden könnte. Die Bundesregierung will dann entscheiden, ob die deutschen Atommeiler für einige Wochen oder Monate länger am Netz bleiben oder diese Stromlücke auch anders zu decken wäre. Verlängerte Atomlaufzeiten hätten auch hier einen minimalen Nutzen; Einsparungen würden ein Defizit besser kompensieren. Expert*innen schätzen, dass die AKW mit den runtergebrannten Brennstäben lediglich einen Anteil von etwa einem Prozent im Strommix hätten. Das steht in keinem Verhältnis zu den Kosten und Risiken, die mit dem Weiterbetrieb der Meiler verbunden sind.
Bereits jetzt werden die 33 und 34 Jahre alten Reaktoren unter sicherheitstechnisch fragwürdigen Bedingungen betrieben. Nicht nur, weil in den AKW Neckarwestheim 2 und Emsland wiederholt Korrosionsschäden in den Dampferzeugern festgestellt wurden. Sondern auch, weil mit Blick auf den Abschalttermin Ende des Jahres auf teure Nachrüstungen und umfassende Sicherheitsprüfungen verzichtet wurde.
Deutschland hat seinen AKW-Betreibern eine Ausnahme von der europäischen Sicherheitsphilosophie »gegönnt«. Was bei der regelmäßigen TÜV-Überprüfung von Pkw oder technisch komplizierten Bauwerken undenkbar wäre, wird gerade zur Grundsatzforderung von Union und FDP: Augen zu und durch. Doch die Bedeutung der Periodischen Sicherheitsprüfung (PSÜ) wird in Frankreich deutlich. Dort wurden dabei Schäden an Rohrleitungen entdeckt. Das führte maßgeblich zu dem seit Monaten andauernden Stillstand etwa der halben französischen Reaktorflotte. Zum Glück, denn unentdeckt können die Korrosionen zur Kernschmelze führen.
Die deutschen AKW hatten ihre letzte PSÜ vor 13 Jahren. Wir wissen also nicht genau, wie es um die Sicherheit der alten Meiler bestellt ist. Solches Nichtwissen kann bei einer Hochrisikotechnologie zur Katastrophe führen.
Sollten die Meiler auch nur einen Tag länger am Netz bleiben, müsste das Atomgesetz geändert werden. Das wiederum wäre der Türöffner für weitere Laufzeitverlängerungen. Bereits jetzt fordern die Unionsparteien und die FDP, neue Brennelemente zu ordern, damit die Meiler Ende nächsten Jahres wieder hochgefahren werden können. Das funktioniert nur, wenn man die Augen vor den Folgen und Risiken der Atomkraft fest verschließt: vor den Katastrophen von Fukushima und Tschernobyl, den Kriegsgefechten an ukrainischen Atomkraftwerken, dem Klimawandel, der das Kühlwasser in den Flüssen versiegen lässt, und dem ungelösten Atommüll-Problem.
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