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Zeit für neue EU-Visionen
Aert van Riel zur außenpolitischen Grundsatzrede von Olaf Scholz
Selbst wenn Olaf Scholz versucht, einmal in seinem Leben wie ein Politiker mit Visionen zu wirken, bleibt er doch nur ein spröder Funktionär. Die Rede des Kanzlers in Prag zur Zukunft der Europäischen Union beinhaltete lediglich die Versprechen, dass sich der Staatenverbund weiter nach Osten ausdehnen und in der Militärpolitik enger zusammenarbeiten wird. Der Fingerzeig in Richtung Russland soll offensichtlich ausreichen, um den Bürgern der EU-Staaten klarzumachen, wie gut sie es hier eigentlich haben. Scholz hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, seine Zuhörer von dem europäischen Projekt zu begeistern. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sind viele Länder des Staatenverbunds enger zusammengerückt. Das reicht Scholz offensichtlich als Daseinsberechtigung für die Europäische Union.
Die bestehenden Probleme hat er nicht angesprochen. Viele Menschen in Europa vertrauen Brüssel und ihren nationalen Regierungen nicht mehr, weil die Gefahr steigt, in Armut abzurutschen oder sie nicht mehr aus der Armut rauskommen. Der Krieg hat eine ohnehin bestehende Krise noch verschärft. In zahlreichen europäischen Ländern geht ein Drittel der Menschen nicht mehr zu den Wahlen. Im EU-Parlament würden die nationalkonservativen und rechtsradikalen Parteien die größte Fraktion stellen, wenn sie nicht intern so zerstritten wären. Auch das ist eine europäische Realität, die nicht zusammenpasst mit der Äußerung von Scholz, der die Europäische Union als »Wertegemeinschaft« bezeichnet.
Dabei gäbe es einen Ausweg. Die EU kann überleben, wenn sie sich zu einer ökologischen und sozialen Union entwickelt. Dafür braucht es aber Politiker mit viel Mut und Visionen – also das Gegenteil von allem, was Scholz repräsentiert.
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