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Punks verlassen Sylter Protestcamp
Polizei setzt Räumung nach Gerichtsbeschluss durch
Um 8.52 Uhr ist Schluss: Nikolas Häckel, Bürgermeister der Gemeinde Sylt, steht am Mittwochmorgen auf der Treppe des Rathauses von Westerland und macht mittels Megafon eine unmissverständliche Ansage: »Hiermit handelt es sich bei ihrer Zusammenkunft nicht mehr um eine Versammlung, sondern um eine unerlaubte öffentliche Ansammlung.« Dutzende Polizist*innen mit voller Ausrüstung stehen bereit, dabei wirkt dieses martialische Großaufgebot angesichts der gestellten Aufgabe ein wenig übertrieben. Ungläubig und mit dem ein oder anderen provokanten Spruch auf den Lippen packen die letzten etwa 20 Bewohner*innen des ehemaligen Protestcamps im kleinen Westerländer Rathauspark ihre Sachen. Nach eineinhalb Monaten kehrt passend zum ungemütlichen Herbstwetter wieder Ruhe auf der Insel ein. Kaum sind die Aktivist*innen abgezogen, beseitigen Mitarbeiter*innen des kommunalen Bauhofs die letzten Überreste. Später soll noch ein Bauzaun um den Park errichtet werden, »um die Rasenfläche wieder herzurichten«, wie Häckel am Mittag auf seinem Facebook-Profil schreibt.
Dass das Camp bald weichen würde, war seit Ende August absehbar, als die vom zuständigen Landkreis Nordfriesland erteilte Genehmigung auslief. Zwar gab es seitens der Bewohner*innen juristische Versuche, eine Verlängerung und Verlegung der Versammlung an einen anderen Ort zu erstreiten, doch zuletzt hatte das Oberverwaltungsgericht in Schleswig am Montag eine Beschwerde gegen die drohende Räumung abgelehnt. In seiner Begründung verwies der vierte Senat auf fehlende sanitäre Einrichtungen sowie Ruhestörungen, die von den Bewohner*innen ausgangen seien. Außerdem ist von einer »unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit« die Rede.
Fraglich ist ohnehin, ob das Aktionscamp noch lange bestanden gehabt hätte. Nicht nur aufgrund des sich verschlechternden Wetters hatten viele Aktivist*innen Sylt bereits verlassen und war die kleine Zeltstadt längst deutlich geschrumpft. Auch der eigentliche Auslöser ist inzwischen Geschichte: Das Camp und die über viele Wochen andauernde Anwesenheit von Aktivist*innen und Punks in der Westerländer Innenstadt nahm ihren Anfang nach einer völlig überdrehten Berichterstattung über befürchtete Folgen des 9-Euro-Tickets. »Mit Billig-Ticket auf die Luxusinsel«, hatte etwa »Bild« alarmistisch geargwöhnt und damit eine Lawine losgetreten. Dutzende Punks zog es nach Westerland, das linke Bündnis »Wer hat, der gibt« veranstaltete Mitte Juli eine Demonstration mit 700 Teilnehmer*innen von Westerland in das Luxusdorf Kampen. Auch Neonazis wollten auf Sylt aufmarschieren, sagten ihre Demonstration kurzfristig aber wieder ab. Anfang August entstand dann das Protestcamp im Rathauspark. Dabei zeigte sich schnell, dass dies alles mehr als Provokation sein sollte. Bei der Versammlungsbehörde war das Camp als Versammlung angemeldet worden, die sich mit der »Gentrifizierung von Städten und nationalen Urlaubszielen wie Sylt« auseinandersetzen sollte. Genau das passierte dann auch: CDU-Politiker und der ehemalige Innenminister Wolfgang Schäuble stellten sich einer Podiumsdiskussion mit den Aktivist*innen, auch der Linken-Politiker Gregor Gysi stattete dem Protestcamp einen Besuch ab. Unpolitisch war der Sommer auf Sylt damit nicht.
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