- Politik
- Energiekosten
Kleinrechnerei bei Entlastungen
Sozialverbände und Opposition fordern die Bundesregierung auf, es nicht bei Einmalzahlungen zu belassen
Die Bundesregierung will ihren Fauxpas der Nichtberücksichtigung von Rentnerinnen und Rentnern sowie Studierenden beim ersten und zweiten Entlastungspaket nun ausgleichen. Und zwar, indem sie mit dem kürzlich beschlossenen dritten Entlastungspaket nun Rentnern einmalig 300 und Studierenden 200 Euro auszahlen will. Was das armen Rentnern und Studierenden angesichts der um ein Vielfaches gestiegenen Energiekosten bringen soll, bleibt das Geheimnis der Ampel-Koalition.
Das dritte Entlastungspaket im Umfang von 65 Milliarden Euro sieht neben den Einmalzahlungen für Rentner und Studierende auch einen Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger und eine Erhöhung des Kindergelds vor. Geplant ist auch eine Strompreisbremse. Sie soll Privathaushalten für einen Basisverbrauch »Strom zu einem vergünstigten Preis« garantieren. Angesichts der Dramatik seien jedoch »ein Gaspreisdeckel und für alle Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen Zahlungen von monatlich 125 Euro plus 50 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied« erforderlich, sagte der rentenpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Matthias W. Birkwald, dem »nd«. Und: »Mittel- und langfristig brauchen die Rentnerinnen und Rentner die Rückkehr zu einem Rentenniveau von 53 Prozent statt der heutigen 48 Prozent und einen anständigen Rentenzuschlag für alle Menschen, die in zu schlecht bezahlten Jobs arbeiten müssen«, so Birkwald.
Nach den Plänen der Bundesregierung sollen Rentner ihre Einmalzahlung zum 1. Dezember 2022 erhalten, ausgezahlt über die Deutsche Rentenversicherung. Weiter heißt es, der Bund werde eine entsprechende Zahlung »auch für die Versorgungsempfänger und -empfängerinnen des Bundes leisten«, also erhalten auch Beamte die Energiepauschale. Dabei zahlen die bekanntlich nicht mal in die Rentenkasse ein. »Die Energiepreispauschale ist überfällig, aber angesichts der Dimensionen kommt diese Entlastung viel zu spät und vor allem: Sie ist viel zu niedrig«, kritisierte Birkwald. Außerdem sei völlig unklar, ob diese 300 Euro überhaupt bei denen, die sie am dringendsten bräuchten – nämlich den Menschen, die auf die »Grundsicherung im Alter« angewiesen sind – angerechnet würden oder nicht, so der Linke-Politiker.
Der Sozialverband VdK begrüßt die Entscheidung, dass Rentnerinnen und Rentner die Energiepreispauschale nun erhalten. »Die von uns angekündigte Klage werden wir nun nicht weiterverfolgen«, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele dem »nd«. Vergessen habe die Koalition jedoch die pflegenden Angehörigen und Pflegebedürftigen, die noch nicht in Rente, aber auch nicht arbeitslos gemeldet sind. »Hier muss die Koalition dringend nachbessern. Sie bekommen keine Energiepreispauschale und das Pflegegeld hat – auch wegen der hohen Inflationsrate – enorm an Kaufkraft verloren. Eigentlich sollte das Pflegegeld 2022 erhöht werden, doch bislang lässt die Koalition diese Menschen im Stich«, so Bentele weiter.
Für die Einmalzahlung an Studierende und Fachschüler in Höhe von 200 Euro will der Bund die Kosten tragen. Der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW), Matthias Anbuhl, nannte die jetzt beschlossenen Zahlungen an alle Studierenden einen »wichtigen Baustein«, dem aber weitere Unterstützungen folgen müssten. Konkrete Details zur Auszahlung an Studierende stehen dabei noch gar nicht fest. Die Bundesregierung erklärte dazu bisher lediglich, man werde mit den Bundesländern besprechen, »wie die Auszahlung schnell und unbürokratisch vor Ort erfolgen kann«. Denkbar sei beispielsweise, dass Studierende vorab einen Antrag stellen müssten, um die Zahlung zu erhalten.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.