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Digitale Nomaden offiziell willkommen
Indonesien will den Status der vielen Fernarbeiter auf Bali legalisieren
Es war lange in der Vorbereitung, doch seit Mitte September hat Indonesien nun offiziell ein Visum für digitale Nomaden. Mit letzterem können internationale Geschäftsleute legal von dem südostasiatischen Land aus arbeiten, ohne Steuern bezahlen zu müssen.
Der tropische Inselstaat hofft, mit der Einführung des Visums mehr Reisende ins Land zu bringen, die sich für Ökotourismus interessieren und die langfristig Einnahmen ins Land bringen. Früher hätten alle auf Sonne, Meer und Sand gesetzt, wurde Indonesiens Tourismusminister Sandiaga Uno in lokalen Medien zitiert. Indonesien wolle dies in Richtung »Gelassenheit, Spiritualität und Nachhaltigkeit« verschieben. Uno glaubt, dass das Visum vor allem positive Auswirkungen auf die Wirtschaft Balis haben und dazu beitragen wird, bis 2024 rund 4,4 Millionen neue Arbeitsplätze im Land zu schaffen.
Digitale Nomaden können laut Uno ab sofort auf das bereits bestehende B211A-Visum zurückgreifen. Dieses ermöglicht es ihnen, bis zu einem halben Jahr von Indonesien aus zu arbeiten. Der ursprüngliche Vorschlag der Regierung für ein längerfristiges Visum, das den Aufenthalt bis zu fünf Jahren ermöglicht, wird noch diskutiert. Mit dem Visum können ausländische Arbeitende weiter für ihre internationalen Kunden oder ihren Arbeitgeber im Ausland tätig sein, ohne in Indonesien Steuern bezahlen zu müssen.
In den vergangenen Monaten haben bereits Tausende Ausländer von Bali aus remote, also aus der Ferne, gearbeitet, doch bisher waren sie damit in einer legalen Grauzone unterwegs. Mit der neuen Regelung werden digitale Nomaden nun offiziell im Land willkommen geheißen. Die bisherigen Telearbeiter stammen hauptsächlich aus Russland, Großbritannien und Deutschland, doch der Inselstaat will das neue Programm nun auch verstärkt in Ländern wie Australien, Malaysia und Singapur bewerben. Gleichzeitig gibt es separate Pläne für ein Visum, das älteren Expats einen längerfristigen Zweitwohnsitz im Land erlauben würde.
Indonesien ist nicht das einzige Land, das aus dem neu erwachten Reisefieber nach der Pandemie Vorteile ziehen will. Laut eines Berichts des Migration Policy Institute in Washington haben inzwischen mehr als 25 Länder Visa für digitale Nomaden eingeführt. Neben Indonesien sind auch Portugal, Kolumbien, Kroatien und Thailand sehr beliebt. Koen van Marrewijk, ein holländischer Softwareingenieur, schrieb auf dem Karrierenetzwerk LinkedIn, wie gut ihm die Zeit in Canggu auf Bali getan habe. »Dieser Ort ist magisch, die Natur ist erstaunlich, aber was bei Weitem das Beste ist, sind die Menschen«, meinte er. Er habe enge Freundschaften geschlossen, während er »in einem tropischen Paradies« lebte, am Strand von seinem Laptop aus arbeitete und aus einer Kokosnuss trank.
Die Firma Outpost, die digitalen Nomaden Arbeitsbereiche auf Bali anbietet, meldete im Juni die bisher meisten Buchungen seit der Gründung der Firma 2016. »Seit die Covid-Reisebestimmungen nachgelassen haben, erleben wir eine explosionsartige Zunahme bei der Anzahl digitaler Nomaden«, sagte David Abraham, einer der Mitgründer der Firma Outpost. Abraham selbst kam die Idee für seine Firma einst, als er mit seinem Laptop in einem Starbucks in Tokio saß. Dabei fiel ihm auf, dass die Kunden um ihn herum ebenfalls alle arbeiteten. Letzteres gab ihm die Idee, dass sich das auch an einen Urlaubsort wie Bali verlegen lassen würde, wo es deutlich schöner ist als in einem Starbucks in Tokio.
Obwohl die Balinesen den Wirtschaftsaufschwung nach den harten Jahren der Pandemie gut gebrauchen können, sorgen sich viele Einheimische jedoch auch um die Kultur Balis. So haben über 8000 Menschen eine Petition unterzeichnet, in der sie sich gegen extremen Lärm und respektloses Verhalten wehren, das mit der Öffnung von Nachtbars und Strandclubs einhergegangen ist. Letztere werden hauptsächlich von Ausländern besucht.
»Viele dieser Clubs und Bars befinden sich direkt neben Tempeln«, heißt es in der Petition. Die Leute hätten sich dort »unanständig und respektlos« verhalten. Aufgezählt werden Trunkenheit, sexuelles Verhalten, Urinieren im Bereich der Tempelmauern und der Konsum illegaler Substanzen. »Nicht selten ist es schon zu Schlägereien gekommen«, heißt es zudem. Außerdem würden viele zu schnell und betrunken Motorrad fahren und so sei es bereits zu tödlichen Unfällen gekommen. Die Petition fordert die Behörden deswegen auf, mehr Regeln einzuführen, die lauten Lärm nach 22 Uhr und respektloses Verhalten verbieten.
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