- Wirtschaft und Umwelt
- Energiewende in Frankreich
Frankreich will bei Erneuerbaren aufholen
Präsident Macron weihte den ersten Offshore-Windpark des Landes ein
Für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist es ein erster Schritt: Die Einweihung des ersten Offshore-Windparks Frankreich vor der Küste bei Saint-Nazaire. Der Strombedarf Frankreichs werde bis zum Jahr 2050 voraussichtlich um 40 Prozent steigen, erklärte Macron bei dem Ereignis Ende vergangener Woche und versicherte: »Wir haben Zeit verloren, aber wir verdoppeln jetzt das Tempo.« Es gehe darum, Frankreichs »Energiesouveränität« zu stärken angesichts der Preisexplosion bei fossilen Brennstoffen und der Gefahr von Versorgungsengpässen aufgrund des Krieges in der Ukraine. In diesem Zusammenhang räumte der Präsident ein, dass Frankreich bei erneuerbaren Energien im Vergleich zu den Nachbarländern einen großen Rückstand hat.
Der Offshorepark, der sich zwischen der Loire-Mündung und der Bretagne 12 bis 20 Kilometer vor der Küste von Saint-Nazaire und La Baule erstreckt, umfasst insgesamt 80 Windturbinen. Während die meisten von ihnen bereits in Betrieb sind, werden die letzten bis Jahresende fertiggestellt und ans Netz gehen. Die Gesamtleistung des Parks beträgt dann 480 Megawatt (MW) und entspricht dem Bedarf von 700 000 Menschen. Die 190 Meter hohen Windturbinen wurden auf der Atlantik-Werft von Saint-Nazaire vormontiert und dann mit ihren massiven Fundamenten auf dem Meeresboden verankert sowie per Unterseekabel mit den Umspannwerken an Land verbunden.
Frankreich hingt beim Ausbau der Erneuerbaren weit hinterher. Im vergangenen Jahr wurde sein Strombedarf zu 69 Prozent durch Atomenergie gedeckt, lediglich 19 Prozent kamen aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasserkraft, Solarenergie, Windkraft oder Biogas. Gleichzeitig hat es von der Planung bis zur Fertigstellung zehn Jahre gedauert, bis jetzt die erste Offshore-Anlage in Frankreich in Betrieb gehen konnte, während dafür in Deutschland im Schnitt fünf und in Großbritannien sechs Jahre benötigt werden. Auch bei Windturbinen an Land vergehen in Frankreich im Schnitt sieben Jahre, doppelt so viel wie in Deutschland oder Spanien. Und selbst bei Sonnenenergieanlagen ist die Lage nicht besser.
Deswegen will Macron den Ausbau der Erneuerbaren vereinfachen. Diesen Montag verabschiedet sein Ministerrat den Entwurf eines Gesetzes zur »Beschleunigung der erneuerbaren Energien« leitet ihn dann dem französischen Parlament zur Beratung und Verabschiedung zu. Das Gesetz soll den Bau neuer Ökostromanlagen beschleunigen, indem es die Verwaltungsverfahren vereinfacht und die Fristen für die Prüfung der Einsprüche von Umweltschützern, Fischern und Anwohnern stark begrenzt.
Insgesamt 50 Offshore-Windparks bis 2050 mit einer Gesamtleistung von 40 Gigawatt kündigte Emmanuel Macron im vergangenen Februar in einer Rede im Präsidentschaftswahlkampf an. Neben dem nun eingeweihten ersten Offshore-Windpark sollen sieben bis 2027 entlang der Küste nördlich der Loire entstehen. Bis 2031 sind noch einmal fünf Parks in der Bretagne und an der Mittelmeerküste geplant. Der Präsident will so in seiner zweiten Amtszeit mit einer ehrgeizigen Politik zugunsten des Energiewandels nicht zuletzt der linken Opposition entgegenkommen, gewissermaßen als Ausgleich für die eher rechtsliberalen Reformen der Renten- und der Arbeitslosenversicherung. Doch der jetzt auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf zur Forcierung der erneuerbaren Energien dürfte es angesichts der veränderten Kräfteverhältnisse in der Nationalversammlung schwer haben.
Zeitgleich mit der Einweihung des ersten Offshoreparks durch Präsident Macron wurde in Saint-Nazaire auch die weltweit erste schwimmende Plattform für die Produktion von Wasserstoff auf See mit Hilfe der vor Ort erzeugten Windenergie feierlich in Betrieb genommen. Dabei werden durch Elektrolyse Wassermoleküle aufgebrochen und in Wasserstoff- und Sauerstoffmoleküle getrennt. Der so umweltfreundlich erzeugte Wasserstoff ist für den Antrieb von Regionalbahnen, Lastwagen, Traktoren und Gabelstaplern bestimmt, die dadurch abgasfrei fahren. Dabei ist es wesentlich wirtschaftlicher, den Wasserstoff bereits auf See zu produzieren, als den Strom aufs Land zu transportieren und erst dort zur Wasserstoffproduktion zu verwenden, da der Transport von Strom per Kabel zehnmal so teuer ist wie der von Wasserstoff per Pipeline.
Die jetzt übergebene Plattform ist unterdessen lediglich ein Prototyp für den auf 18 Monate veranschlagten Testbetrieb und kann pro Tag 400 Kilo Wasserstoff produzieren. Die für den späteren Praxisbetrieb geplanten Plattformen, die entweder schwimmen oder auf Stelzen fest auf dem Meeresgrund verankert werden, sollen eine 200 bis 300 Mal so große Produktionskapazität haben. Die Firma Lhyfe, die die Plattform entwickelt hat und die geplanten großen Produktionsanlagen auf See betreiben wird, will über bisher fünf in Frankreich geplante Standorte hinaus in den nächsten Jahren auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern aktiv werden.
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