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Nicht mehr akademisches Prekariat sein

Gewerkschaft legt Entwurf für ein »Wissenschaftsentfristungsgesetz« vor und fordert die Ampel auf, Versprechen einzulösen

Noch immer ist der wissenschaftliche Nachwuchs an den Universitäten und Hochschulen hierzulande mehrheitlich nur befristet beschäftigt. Da eine große Abhängigkeit vom Wohlwollen der Vorgesetzten besteht, wenn es um eine Karriere in der Wissenschaft geht, wagten in diesem Bereich Beschäftige lange nicht, offen für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Das hat sich mittlerweile geändert. Seit einigen Jahren gibt es an vielen Einrichtungen »Unbefristet«-Initiativen. Und seit gut einem Jahr machen Betroffene unter dem Schlagwort #IchbinHannah in den sozialen Medien auf ihre Lage, auf Dauerstress und schlechte Teilzeit-Bezahlung, auf die schlechte Vereinbarkeit ihrer Tätigkeit mit ihrer Elternschaft aufmerksam.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kämpft bereits seit vielen Jahren für bessere Arbeitsbedingungen an den Hochschulen. Doch das »Befristungsunwesen« spitzte sich trotzdem weiter zu. Erst seit der letzten Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) im Jahr 2020 hat sich der Anteil der befristet Beschäftigten im akademischen Mittelbau ein wenig verringert – von 92 auf aktuell 84 Prozent.

Vertreter aller demokratischen Parteien haben mittlerweile ihren Willen zur Verbesserung der Situation bekundet. Selbst CDU-Politiker sprechen sich für einen Anteil von 50 Prozent fest angestellten wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen aus. Die Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP hat sogar den Langzeit-Slogan der GEW, »Dauerstellen für Daueraufgaben«, in ihrem Koalitionsvertrag aufgegriffen und eine echte Reform des WissZeitVG angekündigt.

Die GEW will der Ampel jetzt auf die Sprünge helfen. Am Freitag legte sie einen eigenen Entwurf für ein »Wissenschaftsentfristungsgesetz« vor. Es müssten endlich »verlässliche Karrierewege und gleiche Chancen für alle« geschaffen werden, forderte der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller auf einer Online-Pressekonferenz. Denn noch immer hätten die Arbeitsverträge der Betroffenen eine Dauer von durchschnittlich nur 18 Monaten. Und einer im Mai veröffentlichten Evaluation der Wirkung des WissZeitVG im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zufolge beträgt die Laufzeit der Zeitverträge bei mehr als 40 Prozent der Betroffenen sogar weniger als ein Jahr.

Kellers Einschätzung zufolge legitimiert das 2007 in Kraft getretene und seither zwei Mal halbherzig reformierte WissZeitVG weiterhin eine »hemmungslose« Befristungspraxis an Hochschulen und Forschungseinrichtungen – auf Kosten der Zukunftschancen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, »der Kontinuität und Qualität von Forschung und Lehre sowie der Attraktivität des Arbeitsplatzes Hochschule und Forschung«. Das müsse ein Ende haben.

Geht es nach den Vorstellungen der GEW, müssten Laufzeiten von Verträgen, die der Qualifizierung dienen, »in der Regel sechs, mindestens aber vier Jahre« betragen und das »Recht auf Qualifizierung in der Arbeitszeit« umfassen. Oft müssen Promovierende ihre wissenschaftliche Arbeit wegen der Fülle ihrer Aufgaben etwa in der Studierendenbetreuung in die Freizeit verlagen. Wenn eine Stelle vor allem solche Daueraufgaben beinhalte, müsse dafür eine Dauerstelle eingerichtet werden, verlangt die GEW.

Keller betonte, er betrachte die wissenschaftliche Qualifizierung »mit der Promotion als abgeschlossen«. Wer sich danach wissenschaftlich noch weiter entwickele, solle dafür »entweder eine Dauerstelle oder einen Zeitvertrag mit verbindlicher Entfristungszusage erhalten«. Entsprechende Regelungen finden sich im GEW-Gesetzentwurf. Zudem müsse, wer Kinder betreue, chronisch krank sei oder in der Corona-Pandemie Beeinträchtigungen erlitten habe, »einen Rechtsanspruch auf Vertragsverlängerung bekommen«.

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