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Warten auf die Euphorie
Die Basketball-Bundesliga hofft zum Saisonauftakt auf einen Boom nach der EM
Wenn die Basketballer Johannes Thiemann und Maodo Lô an diesem Mittwoch zu ihrem ersten Saisonspiel für Alba Berlin in der Bundesliga antreten, werden sie gerade mal eine Woche mit ihren Mannschaftskollegen gemeinsam trainiert haben. Die Europameisterschaft vor eigenem Publikum samt Euphoriewelle, Halbfinalenttäuschung und bronzenem Happy End liegt dann nur zehn Tage zurück. Doch der Basketballkalender kennt kaum Pausen. Also müssen die beiden EM-Dritten beim deutschen Meister schon wieder ran. »Natürlich hätte ich gerne eine Woche mehr Pause gehabt, aber ich habe Bock, wieder mit den Jungs zu spielen«, sagte Thiemann. Immerhin steht zum dritten Mal in Serie eine Titelverteidigung an.
Einspielen müssen sich die beiden EM-Starter nicht, denn mit Ausnahme des zum FC Barcelona gewechselten Oscar da Silva sind alle Double-Gewinner der vergangenen Saison in Berlin geblieben. »Wir hatten das Glück, dass sich der Kader kaum verändert hat. Für Oscar haben wir Yanni Wetzell verpflichten können, der ihn hoffentlich ersetzen kann«, sagte Sportdirektor Himar Ojeda, der einen ungewöhnlich ruhigen Sommer hinter sich hat.
Neben dem besagten Neuseeländer holte er nur noch einen weiteren Spieler an die Spree: den erst 20-jährigen Gabriele Procida. Dass auch dieser Neueinkauf wie so viele von Ojeda entdeckte Spieler ein großes Talent ist, zeigt sich daran, dass sich der NBA-Klub Detroit Pistons bereits die Rechte am Italiener gesichert hat. Nun warten die Amerikaner nur noch darauf, dass er sich bei einem starken Klub in Europa noch etwas entwickelt – eine Rolle, die Alba zuletzt mehrfach bis zur Perfektion gespielt hat: Immerhin hat nach Moritz und Franz Wagner mit Simone Fontecchio in diesem Sommer nun schon der dritte ehemalige Albatros in nur vier Jahren den Sprung in die beste Liga der Welt geschafft.
»Ich habe in den letzten Wochen, auch wenn es um die EM-Erfolge der deutschen Mannschaft ging, oft gelesen, dass das viel mit Albas Konzepten zu tun hat. Das macht mich sehr stolz, insbesondere für unsere vielen Trainer, die täglich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Ihr Engagement wird vielfach unterschätzt«, sagte Vereinspräsident Axel Schweitzer wenige Tage vor dem BBL-Start. »Vor knapp 20 Jahren haben wir mit diesen Programmen angefangen, und ich freue mich sehr, dass wir daran festgehalten haben. Jetzt sehen die nächsten Generationen, dass alles möglich ist und Alba ihnen den Raum dafür gibt.« Tatsächlich spielte etwa Franz Wagner schon mit sieben in Albas Jugend und dem bewährten Schul-Kooperationsprogramm. Sein Weg führte ihn später in die NBA und vor wenigen Tagen zu EM-Bronze. »Wir wollen Nachwuchs fördern, Spieler entwickeln und gleichzeitig immer gewinnen. Diese beiden Pole vereinen wir«, so Schweitzer, der nicht übersehen hatte, dass auch in den EM-Teams Israels, Italiens und Litauens aktuelle oder ehemalige Berliner tragende Rollen eingenommen hatten.
Bleibt die Frage, ob sportlicher Erfolg endlich auch wieder zu mehr Zuschauern führt. Tendenziell ist die Nachfrage bei Albas Heimspielen in den vergangenen Jahren trotz der Rückkehr in die nationale und europäische Spitze eher gesunken. »Wir haben aber mit der EM gesehen, dass es Begeisterung für Basketball gibt. Die war bei den TV-Einschaltquoten ähnlich hoch wie für die Formel 1, obwohl es keinen großen Werbevorlauf dafür gab«, setzt Vereinschef Schweitzer auf einen EM-Boom. Einen ersten Anhaltspunkt könnte schon das Heimspiel gegen die Hamburg Towers am Mittwoch geben, eine eher mittelklassige Mannschaft, allerdings mit EM-Starter Johannes Wohlfarth-Bottermann in ihren Reihen. In den vergangenen Jahren war dieses Duell nie auch nur annähernd ausverkauft. Dass das jetzt an einem Mittwochabend klappt, glaubt niemand. Etwas mehr als früher darf es aber schon sein. Mehr Dauerkarten als in der vergangenen Saison hat Alba nach eigenen Angaben schon verkaufen können.
Auch Geschäftsführer Marco Baldi hofft auf »positive Auswirkungen der EM«, allerdings eher im Bereich der Sponsoring-Einnahmen und einer möglichen Rückkehr ins Free-TV. »Unsere Partner sehen jetzt, was möglich ist. Wenn sich die Zielgruppe, um die sich alle prügeln, mit so einem hohen Anteil EM-Spiele ansieht, unterstreicht das unsere Annahme: Bei Präsenz wird es geschaut. Die EM war da ein sehr wichtiger Impuls.« Die BBL habe in den vergangenen Jahren an Qualität gewonnen, so Baldi: »Das Fundament ist stärker und attraktiver. Ich glaube nicht an einen Boom, aber es könnte eine deutliche Stufe nach oben gehen.«
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