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Viel Lärm um das Mindeste
Der Berliner Senat beschließt mit dem Kündigungsmoratorium kaum Neues
Der Berliner Senat hat am Dienstag ein Kündigungsmoratorium beschlossen. Mieter*innen, die ihre Miete aufgrund der gestiegenen Energiepreise nicht vollständig oder rechtzeitig zahlen können, sollen nun vor einem Rausschmiss geschützt werden – vorausgesetzt, sie wohnen bei einer der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. Die Maßnahme war schon länger angekündigt worden, am Dienstag erklärte Bausenator Andreas Geisel (SPD) in der Senatspressekonferenz das Moratorium als Teil des landeseigenen Entlastungspaketes zur beschlossenen Sache.
Landeseigene und Berlinovo zusammengerechnet betrifft das Moratorium 360 000 Wohnungen und etwa 700 000 Mieter*innen. Die sollen nun über einen Zeitraum von sechs Monaten nicht durch etwaige Mietrückstände in Bedrängnis kommen. »Es werden dann kulante Lösungen gefunden, etwa Stundungen oder Ratenzahlungen«, sagt Geisel. Auch Mietverzicht sei eine Option. Welche Entlastungsform für wen in Betracht kommt, wer also auf Schulden sitzen bleibt und wer nicht, das kann Geisel nicht präzisieren.
Auch, wie eine Erstattung konkret ablaufen wird, erscheint noch unklar. Das hänge von der Entwicklung des Härtefallfonds als Teilmaßnahme des Entlastungspaketes ab, mit dessen Mitteln die offenen Rechnungen gedeckt würden. Geisel rechnet vor: Bei einer Erhöhung der Nebenkosten um 570 Euro im Monat und einem Zahlungsausfall bei zehn Prozent der Haushalte mache das 20 Millionen Euro, die es zu begleichen gelte. »Aber keiner von uns kann sagen, wie die Preisentwicklung ist.«
Tatsächlich sind die Wohnungsunternehmen in öffentlicher Hand seit 2015 durch das Wohnraumversorgungsgesetz ohnehin dazu verpflichtet, Mieter*innen selbst bei einer Räumung eine alternative Wohnmöglichkeit anzubieten – auf der Straße landen Mieter*innen der Landeseigenen theoretisch also ohnehin nicht. »Beim näheren Hinschauen ist das alter Wein in neuen Schläuchen«, sagt deshalb Ulrike Hamann vom Mieterverein zu dem Beschluss. Gleichzeitig habe ein ähnliches Moratorium von 2020 bis September 2021 anlässlich der Corona-Pandemie nicht wie versprochen funktioniert: 98 bewohnte Wohnungen seien in diesem Zeitraum trotzdem geräumt worden, so Hamann. Wirklich sinnvoll sei ein Mietenmoratorium, das Mieterhöhungen verhindere.
Geisel gibt selbst zu, dass der Beschluss keine radikale Veränderung bedeutet: Soziale Lösungen bei Mietrückständen seien »schon lange Praxis«. Immerhin, betont er, umfasse das Moratorium nun auch Gewerbetreibende, die ihre Räumlichkeiten bei den Landeseigenen mieten. So solle der Kleinhandel im Erdgeschoss durch die Krise getragen werden, denn: »Wer einmal insolvent gegangen ist, das wiederzubeleben ist viel schwieriger, als sie durch sechs Monate zu bringen.«
Vor allem legt Geisel aber Wert auf die Signalwirkung der Maßnahme. »Private Vermieterinnen und Vermieter sind ganz ausdrücklich dazu aufgefordert, sich unserem Beispiel anzuschließen«, sagt Geisel und richtet sich speziell an Mitglieder des Wohnungsbündnisses. So hätte der Bündnispartner Vonovia zwar laut Informationen des Magazins »Spiegel« auf Bundesebene Kündigungen nicht ausgeschlossen, »aber für Berlin führen wir da noch ein Gespräch«.
Geisel und seine Parteikollegin und Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hoffen ohnehin auf einen Energiepreisdeckel. »Die Rechnungen, die existenzielle Sorgen auslösen, sollten erst gar nicht verschickt werden«, sagt Giffey und fordert den Bund zu schnellem Eingreifen auf. Bis dahin würde Berlin mit dem Kündigungsmoratorium zeigen, dass es dem Land ernst sei.
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