Die Mängelliste ist lang

Der Saisonstart misslingt den Eisbären Berlin. In der Champions League soll die Wende kommen

Bislang rennen die Berliner Eisbären um Kevin Clark (r.) ihren Gegnern in der DEL meist nur hinterher.
Bislang rennen die Berliner Eisbären um Kevin Clark (r.) ihren Gegnern in der DEL meist nur hinterher.

Zugegeben, die Saison ist noch jung. Nach sieben von insgesamt 56 Spieltagen lassen sich keine zweifelsfreien Aussagen treffen. Aber die bisherigen Auftritte des mit zwölf neuen Spielern in die Saison gestarteten Titelverteidigers der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) dürften weder das Team noch die Chefetage der Eisbären Berlin zufriedenstellen. Dem Anspruch eines neunmaligen deutschen Meisters werden sie schon gar nicht gerecht. Das soll sich nun alles ändern – nach dem angeblichen Befreiungsschlag: ein 5:2 vor heimischer Kulisse gegen die Düsseldorfer EG am Sonntag. Es war der erste volle Drei-Punkte-Sieg nach zuvor vier Niederlagen und einem Teilerfolg beim 5:4 nach Verlängerung gegen den Aufsteiger Löwen Frankfurt.

Für die bislang arg schwächelnden Berliner war dieser Sieg Balsam für die geschundene Seele. Doch der notwendige kritische Blick würde getrübt, wollte man die gravierenden Mängel beiseiteschieben, die sich seit Wochen durch alle Mannschaftsteile ziehen und den Eindruck verstärken, man befände sich noch immer in der Findungsphase. »Wir erleben eine schwierige Phase. Es fehlt einfach das Selbstvertrauen. Das führt zu Handlungsunsicherheiten, wenn selbst die einfachsten Dinge, die vermeintlichen Kleinigkeiten nicht klappen, von denen ich aber weiß, dass wir sie beherrschen«, räumte Cheftrainer Serge Aubin ein. »Aber ich bin sicher, dass wir wieder auf die Siegerstraße zurückkehren.«

Im bisherigen Saisonverlauf kam vieles zusammen, was nach der souveränen Titelverteidigung im Frühjahr und trotz des mannschaftlichen Umbruchs so nicht zu erwarten war: grobe Abwehrpatzer, Abstimmungsprobleme zwischen Torwart, Abwehr und Angriff, einfache Scheibenverluste und nicht immer konsequentes Zweikampfverhalten. Es ist eine lange Mängelliste, die auch die Spieler kritisch sehen. »Wir treten nicht aggressiv und offensiv genug auf«, sagt der gebürtige Dresdner Marco Nowak, mit 32 Jahren ein erfahrener Verteidiger und Nationalspieler, der zu Saisonbeginn von Düsseldorf nach Berlin wechselte. Auch Nationalspieler Jonas Müller bestätigt das: »Wir machen defensiv zu viele Fehler, die der Gegner eiskalt nutzt. Wir müssen hinten auch mal einen Mann an die Bande nageln, mit mehr Körpereinsatz den Gegner attackieren, ohne gleich auf die Strafbank geschickt zu werden.« Oft sei es aber auch »dumm gelaufen«, so Müller. »Zwar spielen wir jede Menge Torchancen heraus, doch der Puck geht einfach nicht ins Tor.« Gegen Düsseldorf war das endlich einmal anders.

Die Berliner, die im Feld der 15 DEL-Klubs nur den 13. Rang belegen, stehen nun vor einem kräftezehrenden Mammutprogramm. Sie müssen in dieser Woche noch viermal innerhalb von sechs Tagen aufs Eis, darunter neben den zwei DEL-Spielen am Freitag und Sonntag gegen Ingolstadt und Nürnberg auch zu einem von den Eisbären eigens arrangierten internationalen Härtetest am Dienstagabend (nach Redaktionsschluss) gegen den NHL-Klub San Jose Sharks aus den USA.

Keine 24 Stunden später steht an diesem Mittwoch in Hohenschönhausen das mit besonderen Hoffnungen verknüpfte vorletzte Gruppenspiel in der Champions League (CHL) an. Gegner ist der HC Hradec Králové. Der Sieg drei Tage zuvor im Meisterschaftsspiel könnte den Eisbären genau zum richtigen Zeitpunkt einen wichtigen Impuls für ihr so arg erschüttertes Selbstvertrauen gegeben haben. Gelingen im Hinspiel im Wellblechpalast und eine Woche später in Tschechien zwei weitere Erfolge, würden die Eisbären den gegenwärtigen Gruppenzweiten noch verdrängen und sich hinter dem vierfachen CHL-Gewinner Frölunda Göteborg erstmals in der Vereinsgeschichte für das Achtelfinale im bedeutendsten europäischen Wettbewerb qualifizieren.

Ohne eine weitere Steigerung des Teams bleibt das aber zunächst ein Wunschtraum. Und der Fehlstart in diese Spielzeit wäre perfekt. Dabei hatte Trainer Aubin vor dem Saisonstart noch eine klare Botschaft formuliert: »Wir wollen den Titel-Hattrick« – also den dritten Meistertitel in Serie. Auch wenn über den erst im kommenden Frühjahr entschieden wird, scheinen die Eisbären aktuell doch noch viel weiter davon entfernt zu sein.

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