- Kommentare
- Abschiebungen
In der Krise unter dem Radar
In der fortlaufenden Krise abzuschieben, ist skandalös
Was für ein bitterer Gegensatz: Einerseits wird über möglichst einfache Wege nachgedacht, wie Berliner*innen angesichts einer möglichen existenziellen Bedrohung durch Inflation und steigende Energiepreise entlastet werden können. Auch die Landespolitik ruft zu Besonnenheit und solidarischem Verhalten auf. Und andererseits läuft vollkommen ungerührt davon die Bürokratie- und Abschiebemaschinerie weiter – auch in Berlin. Über 570 Menschen wurden in diesem Jahr nachts von Polizeibeamt*innen aus ihren Betten geholt, in Flugzeuge verfrachtet, in Ländern ausgesetzt, in denen sie nicht sein wollen, nicht leben können, keine Perspektive haben, ihr Leben bedroht ist. Als wären nicht gerade die Corona-Pandemie und die durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine fortgesetzte Krise, die auch in vielerlei Hinsicht eine menschliche Krise ist, Anlass, sich von diesen menschenverachtenden Praktiken zu verabschieden.
Niemand kann erklären, warum diese Unmengen Geld ausgegeben werden und dieser ungemeine Aufwand betrieben wird. Der Senat beruft sich auf die Umsetzung der gesetzlichen Ausreisepflicht, auch weil die Situation bei der Unterbringung der vielen Flüchtlinge in Berlin angespannt sei. Was für eine Farce! Die einen schiebt man in die Situation ab, aus der man die anderen herausholen will? Immer wieder betonen Mitglieder der Landesregierung, dass Berlin als sicherer Hafen für alle Menschen anzusehen sei. Erst am Dienstag erklärte Bürgermeister Klaus Lederer (Linke), man wisse von etwa einer Million Menschen, die sich an der ukrainisch-polnischen Grenze in nicht winterfesten Quartieren aufhielten und für die man Möglichkeiten bereithalten wolle, sich hier demnächst in Schutz zu begeben. Große Zahlen sind das eine. Aber eigentlich geht es doch um Willkommensein, Schutz und um das Recht auf Ankommen und Bleiben. Und hier muss tatsächlich jeder einzelne Mensch gemeint sein. Abschiebungen laufen diesem Prinzip seit jeher zuwider und gehören einfach nur abgeschafft.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.