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Stadtplanung mit der Brechstange

Grüne und Linke üben massive Kritik an fehlender Bürgerbeteiligung bei Nachverdichtungen

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Der rot-grün-rote Haussegen hängt schief zwischen der SPD-geführten Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und den Fachpolitikern der Grünen, vor allem aber der Linken im Abgeordnetenhaus. Einmal mehr ist das am Montag im Stadtentwicklungsausschuss des Berliner Landesparlaments deutlich geworden, der sich mit dem Problem der Nachverdichtung in bestehenden Wohnquartieren beschäftigt hat.

Das Thema ist ein steter Quell des Ärgers mit Anwohnern und auf politischer Ebene ein Dauerbrenner: Um neuen Wohnraum zu schaffen, geht es grünen Innenhöfen immer häufiger an den Kragen. Grünflächen mit zum Teil großen alten Bäumen weichen Neubauten. Es wird versiegelt, was das Zeug hält, Klimakrise hin oder her. »Wir erleben immer wieder, dass Baurecht vor Baumschutz geht«, sagt Julian Schwarze. Der grüne Fraktionssprecher für Stadtentwicklung moniert dabei nicht zuletzt die fehlende Bürgerbeteiligung, auch bei Projekten der landeseigenen Wohnungsunternehmen. »Wenn die Anwohnerinnen und Anwohner nicht mitgenommen werden, stehen wir hier vor großen Problemen.«

Berlins Bau-Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) sieht hier eher einen »Zielkonflikt« zwischen Neubau und Klimaschutz, den man nur irgendwie zusammenbringen müsse. Und ja, sicherlich gebe es auch das eine oder andere Nachverdichtungsprojekt der Landeseigenen, bei dem es im Zuge der Planung »nicht ausreichend gelungen« sei, »die Kommunikation dazu zu pflegen«.

Was aber auch nicht gehe, sei, so Gaebler weiter, dass von Anwohnern von Anfang an gesagt werde: »Wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist und die Wohnungen sollen woanders entstehen.« Man müsse eben Kompromisse finden. Und: »Im Gespräch kann man da schon viel erreichen.« Auch habe man bei vielen Nachverdichtungsprojekten aufgrund dieser und anderer Probleme mit Verzögerungen zu kämpfen: »Das können wir uns an dieser Stelle angesichts der Wohnungsnot in der Stadt nicht leisten.«

Der Vorwurf, man würde kaum über den eigenen Innenhof hinausblicken, sorgt nicht nur bei Julian Schwarze für Widerspruch. Es sei schlichtweg falsch, »dass die Menschen keine Veränderungen wollen, aber sie wollen mit eingebunden werden«. Diese »Klarstellung« müsse sein, sagt der Grünen-Politiker.

Auch Katalin Gennburg, die Stadtentwicklungsexpertin der Linksfraktion, verweist darauf, »dass wir diesen Konflikt ernst nehmen sollten«. Ein Beispiel aus Gennburgs Wahlkreis im Norden von Treptow-Köpenick sei die Orionstraße in Plänterwald: Hier könne man bei einem Projekt der landeseigenen Stadt und Land bestens bewundern, was Nachverdichtung in der Praxis heißt, nämlich, so Gennburg: »Wir betonieren alles zu, liebe Freunde der Nacht. Wir machen alles platt.« Allen Protesten der Bürgerinitiative Plänterwald zum Trotz.

»Die Etablierung von Leitlinien zur Bürgerbeteiligung war ein Kernprojekt der Stadtentwicklungspolitik der vergangenen Legislatur«, sagt Katalin Gennburg im Anschluss der Sitzung zu »nd«. Dass die SPD – oder zumindest ihre Senatsverwaltungen – mit dem Thema Bürgerbeteiligung schon damals ihre liebe Not hatten, sei zwar klar gewesen. Unter Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) werde jetzt aber versucht, Mitwirkungsinstrumente ganz zu schleifen. »Das ist Stadtplanung mit der Brechstange und das betrachten wir als ganz schwerwiegendes Problem in der Koalition.«

Nachverdichtungen seien dabei nur »eines von mehreren Beispielen für die Betonpolitik unter Geisel, die offenbaren, dass man hier Politik gegen die Stadt und gegen die Menschen macht«, sagt die Linke-Politikerin auch mit Blick auf das Werkstattverfahren zur Neubebauung des Molkenmarkts in Mitte. Wie berichtet, hatte Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt (parteilos, für SPD) im September das Verfahren einfach für beendet erklärt – ohne einen Siegerentwurf zu benennen. »Das zerstört das Vertrauen in demokratische Teilhabeprozesse massiv«, sagt Gennburg. Für die Senatsbaudirektorin müsse das Konsequenzen haben: »Aus meiner Sicht ist Frau Kahlfeldt untragbar geworden.«

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