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Fußballerinnen in neuen Dimensionen
Die Bundesliga der Frauen vervielfacht ihre Medieneinnahmen – und wird sichtbarer
Der Fußball der Frauen kann sich in Deutschland über einen Quantensprung freuen. Und vermutlich hätte es auch keinen besseren Zeitpunkt für die erstmals eigenständige Ausschreibung der Medienrechte der Frauen-Bundesliga geben können als nach der rauschhaften EM in England. Weil die Vergleichsgröße bislang so lächerlich gering war, konnte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bei den erstmals per Pressekonferenz vorgestellten Ergebnissen eine sagenhaft anmutende Vervielfachung der Einnahmen vermelden: auf künftig 5,175 Millionen Euro pro Saison, eine Erhöhung um das 16-fache. Von einer »neuen wirtschaftlichen Dimension« sprach DFB-Geschäftsführer Holger Blask, der überzeugt ist, »dass der Frauenfußball hier eine Begeisterung entfachen kann«, die sich auch wirtschaftlich in höherer Wertschätzung widerspiegelt. Bislang ist das Investment für die Vereine nicht annähernd kostendeckend: Im Schnitt macht jeder der zwölf Bundesligisten jährlich mehr als eine Million Euro Verlust.
Steigerungsraten bei den Medienerlösen sind da willkommen. Die Live-Rechte an allen 132 Spielen teilen sich künftig der Streamingdienst DAZN und MagentaSport. ARD und ZDF werden zehn Livespiele pro Saison übertragen. Dazu kommt die Einführung eines Montagsspiels, das sich exklusiv der Sender Sport1 gesichert hat, der lange Jahre an diesem Abend das Topspiel der 2. Bundesliga der Männer gezeigt hatte. Weil künftig alle drei männlichen Profiligen diesen Termin vor allem wegen der Fan-Proteste meiden, bespielen nun die Frauen jeden Montag um 19.30 Uhr diese Free-TV-Plattform.
Nur ist eben das Montagsspiel auch bei den Fußballerinnen nicht unumstritten: Frankfurts Stürmerin Laura Freigang wies bereits auf den Umstand hin, dass viele Bundesligaspielerinnen noch arbeiten müssten. Münchens Mittelfeldspielerin Lina Magull merkte an: »Das sollte keine Regelmäßigkeit sein. Für den Fußball ist das Wochenende da.« Blask entgegnete den Vorbehalten: »Montag als Alleinstellungsmerkmal bietet sich extrem an. Wenn wir den nächsten Schritt machen wollen, müssen wir mehr Sichtbarkeit erzielen.« Deshalb wird der Spieltag nun gnadenlos zerstückelt. Das bislang noch von Eurosport übertragene Freitagsspiel bleibt, ist aber kein Livespiel mehr. An den vier Wochenend-Terminen wird Sonnabend um 12 und 14 Uhr gespielt, Sonntag um 14, 16 oder 18 Uhr. Es folgen auf den verschiedensten Kanälen jeweils Highlight-Zusammenfassungen, was ebenfalls Geld einbringt.
Gleichwohl liegt die Summe von 20,7 Millionen Euro für die nächsten vier Spielzeiten ab Sommer 2023 für die Frauen-Bundesliga unter jenem Betrag, den in Zukunft die 3. Liga der Männer allein in einer Saison (26,2 Millionen Euro) von seinen TV-Partnern erlöst. Dennoch hilft den Frauen der neue Vertrag, wie Florian Zeutschler als Geschäftsführer der SGS Essen versicherte: »Nach dem fast perfekten Sommermärchen ist das ein sehr wichtiger Tag für den Frauenfußball.« Und es lindert die Unterschiede innerhalb der höchsten Spielklasse: Denn da sind auf der einen Seite die fünfstelligen Monatsgehälter für die Topspielerinnen beim VfL Wolfsburg und FC Bayern – und auf der anderen Seite Aufwandsentschädigungen im teils immer noch dreistelligen Bereich bei Ausbildungsklubs wie Essen.
Wichtig ist der neue Abschluss auch, um international den Anschluss zu wahren. Die Women’s Super League aus England wird bei rund zehn Millionen Pfund (11,4 Millionen Euro) veranschlagt. »Die Engländer sind noch ein Stück davor, aber wir reihen uns jetzt direkt dahinter ein«, sagte Blask. Bislang hatte der DFB seinen Klubs rund 300 000 Euro aus der zentralen Vermarktung garantiert, die Medienerlöse machten davon rund die Hälfte aus. Deutschland stehe nun besser als Spanien da, weil Produktionskosten von 1,66 Millionen Euro abgedeckt und die internationalen Rechte noch nicht veräußert seien, betonte der früher für die Deutsche Fußball-Liga tätige Vermarkter Blask.
Seine Crew hatte die Pakete bewusst erst nach der EM angeboten, wo die deutschen Spielerinnen die Sehnsucht nach ehrlichem Fußball mit einer hohen Identifikation und großer Leidenschaft erfüllten. 18 Millionen Fernsehzuschauer beim Finale gegen England waren der Höhepunkt des Zuspruchs, die Rekordkulisse beim Eröffnungsspiel der Frauen-Bundesliga in Frankfurt mit 23 200 Fans hatte ebenfalls Signalwirkung.
ARD und ZDF haben sich im Zuge der Ausschreibung erneut die Rechte an den Qualifikations- und Freundschaftsspielen der DFB-Frauen gesichert. Vorgesehen ist, mindestens zwei Länderspiele im Jahr zur Primetime zu zeigen. Möglichst soll es keine Anstoßzeiten mehr vor 18 Uhr geben. Eine zentrale Forderung, die Alexandra Popp und Co erhoben hatten, die zuletzt beim Test gegen Frankreich in Dresden vor fast ausverkauftem Haus und zur Primetime begeisterten. Attraktive Auftritte sind Voraussetzung, dass der ganze Deal sich auch für die Geldgeber rechnet. Denn Blask gibt sich keinen Illusionen hin: »Das ist eine vorgegriffene Investition der Medienpartner in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.«
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