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AfD-Richterin darf bleiben
Birgit Malsack-Winkemann wird nicht in den Ruhestand versetzt
Der Antrag von Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) scheitert am Donnerstag vor dem Dienstgericht für Richter*innen. Sie hatte im Sommer beantragt, Birgit Malsack-Winkemann in den Ruhestand versetzen zu lassen. Grund: Malsack-Winkemann war in der vergangenen Legislaturperiode Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion. Ihre Rechte und Pflichten aus dem Richteramt ruhten in dieser Zeit. In einschlägigen Reden hatte sie sich im Bundestag unter anderem rassistisch über Geflüchtete geäußert. Nach Ansicht des Senats war damit begründet, dass sie nicht geeignet sei, unabhängig Recht zu sprechen. Dazu kamen von ihr verfasste Beiträge in verschiedenen sozialen Medien mit ähnlichem Tenor.
Nach erfolglosen Versuch, in den Bundestag wiedergewählt zu werden, war die AfD-Politikerin seit März dieses Jahres in ihr Amt als Richterin am Landgericht zurückgekehrt. Zudem übt sie eine genehmigte Nebentätigkeit als Mitglied des Schiedsgerichts der AfD aus.
Das Urteil des Dienstgerichts gründet im Wesentlichen auf Artikel 46 Satz 1 Grundgesetz: »Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestag oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden.«
Reden wurden nicht einbezogen
Die Reden der AfD-Frau durften demnach nicht vor Gericht verwendet werden, »auch nicht mittelbar«, wie der Vorsitzende Richter vor den zahlreichen Zuschauer*innen und Journalist*innen ausführte. Das heißt: Die Bundestagsreden dürfen vom Gericht auch nicht einbezogen werden, um weitere Schlüsse über ihre politische Gesinnung zu ziehen. Die Einträge in den sozialen Medien allein reichten dem Dienstgericht nicht, um Birgit Malsack-Winkemann in den Ruhestand zu versetzen – also eine Versetzung nach Paragraf 31 Deutsches Richtergesetz zu begründen. Ohne die Reden aus dem Bundestag sei das vom Senat Vorgetragene »ein bisschen wenig«, sagte der Vorsitzende Richter.
Der Fall der Berliner Richterin verhält sich anders als der Fall des Richters Jens Maier in Sachsen. Dieser hatte sich deutlich drastischer geäußert als Malsack-Winkemann und das zudem nicht nur im Parlament, sondern vor allem in sozialen Medien. Das Dienstgericht Leipzig hatte bereits im März ein Verbot der Amtsausübung gegen Maier verfügt. Am 1. Dezember wird erneut verhandelt, um zu entscheiden, ob Maier endgültig in den Ruhestand versetzt wird. Im Justizsenat will man nun die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, »und wir werden dann entscheiden, wie wir weiter vorgehen«, erklärte Justizverwaltungssprecher Martin Kröger gegenüber »nd«.
Verfassungsänderung in Aussicht
Der Senat hatte seinen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand auch mit Paragraf 31 Richtergesetz begründet. Danach kann ein*e Richter*in versetzt werden, wenn »Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden«. Die Beweise: Die Bundestagsreden Malsack-Winkemanns in Verbindung mit Beiträgen in sozialen Medien. Zur Begründung sagte die den Senat vertretende Rechtsanwältin am Donnerstag, Richter*innen müssten während ihrer gesamten Amtszeit auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Der Dienstgeber brauche an der Stelle eine Handlungsmöglichkeit bei Verfehlungen.
Als ein mögliches Rechtsinstrument, um die auf Lebenszeit ernannten Richter*innen bei gravierenden Verfehlungen loszuwerden, ist die sogenannte Richteranklage nach Artikel 98 Grundgesetz zu sehen. Darin heißt es: »Wenn ein Bundesrichter im Amte oder außerhalb des Amtes gegen die Grundsätze des Grundgesetzes oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung eines Landes verstößt, so kann das Bundesverfassungsgericht mit Zweidrittelmehrheit auf Antrag des Bundestages anordnen, dass der Richter in ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu versetzen ist.« Was als Regelung auf Bundesebene angelegt ist, haben die meisten Bundesländer auch in ihren Landesverfassungen vorgesehen – außer Bayern, Berlin und dem Saarland. In Berlin wurde die Diskussion um eine entsprechende Verfassungsänderung Ende März laut, nachdem Malsack-Winkemann in ihr Amt zurückgekehrt war. Sebastian Schlüsselburg, Mitglied der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus sagte, man sei sich mit der CDU-Fraktion einig, im Rechtsausschuss nächste Woche stehe das Thema auf der Tagesordnung, »und nach der Wahlwiederholung werden wir im kommenden Jahr die Verfassungsänderung angehen«.
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