Bausenator auf Wohlfühlausflug

Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte startet weiteres Bauprojekt in der Wasserstadt Oberhavel in Spandau

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.
Für Andreas Geisel gibt es derzeit unangenehmere Termine als einen Spatenstich.
Für Andreas Geisel gibt es derzeit unangenehmere Termine als einen Spatenstich.

Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) beginnt an der Rauchstraße in Spandau mit der Errichtung von rund 350 Wohnungen. Bis zum Sommer 2025 soll damit ein weiteres Bauprojekt in der Wasserstadt Oberhavel fertiggestellt werden. Angesichts der Teuerung bei den Baukosten sei der WBM trotz bereits abgeschlossener Verträge an einer »gemeinsamen Lösung« mit dem Bauunternehmen gelegen, wie Geschäftsführer Steffen Helbig beim Spatenstich am Freitag sagte.

Über die Hälfte der neuen Wohnungen werden nach der Fertigstellung gefördert ab 6,50 Euro je Quadratmeter vermietet. Das Geld kommt nicht nur aus der Wohnungsbauförderung Berlins, auch die Förderbank KfW und die Europäische Union schießt Mittel zu. »Das ermöglicht uns, dieses Bauvorhaben noch zu machen«, sagte Helbig. Dennoch werde man auch hier angesichts der aktuellen Entwicklungen mitunter umplanen müssen. Er nannte andere Baustoffe als mögliche Stellschraube für Kosteneinsparungen. 

Ein zeitigerer Baubeginn wäre angesichts der immensen Kostensteigerungen seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar auch günstiger gewesen. Bereits 2015 entschied sich die WBM dafür, hier zu bauen. Das Grundstück ist eine vom Land eingebrachte Liegenschaft. Dass es so lange bis zum Baustart gedauert habe, hätte vor allem an Naturschutzauflagen gelegen, sagte Helbig. »Wir müssen an der einen oder anderen Stelle schneller werden«, lautet sein Wunsch an die Bauämter.

»Ich habe hier schon 2015 in vielen Baugruben gestanden«, gab sich Berlins Bau- und Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) am Freitag beim Spatenstich in Spandau nostalgisch. Auch damals war er Stadtentwicklungssenator, bevor er 2016 die Senatsinnenverwaltung übernahm und fünf Jahre später schließlich wieder zurück wechselte. Noch zu Beginn der Legislaturperiode hätte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ihn „am liebsten geklont». Mittlerweile ist die Reihe der Kritiker lang, denen schon ein einzelner Andreas Geisel zu viel ist. 

Nicht nur die Mietenbewegung wünscht sich eine weniger investorenfreundliche Personalie für künftige Spatenstiche. Aus vielen Richtungen kommen auch Rücktrittsforderungen wegen des Wahlchaos bei den Wahlen in Berlin im vergangenen Jahr, der Ex-Innensenator gilt gemeinhin als einer der Hauptverantwortlichen für das Debakel. In Spandau nun zeigte sich Geisel davon gänzlich unbeeindruckt. »Wir haben noch jede Menge in Spandau vor, ich komme gern noch öfter, wenn mit Bauprojekten begonnen wird«, sagte er.

Die Wasserstadt Oberhavel ist eines der neuen Stadtquartiere in Berlin, bei dem auf beiden Seiten der Havel sowohl private als auch landeseigene Wohnungsunternehmen bauen. Pläne dazu entstanden bereits Anfang der 1990er Jahre, lange lagen die Flächen aber brach. Bis 2026 sollen hier über 10 000 Wohnungen gebaut werden, viele stehen bereits. Heftige Kritik erntete zuletzt die landeseigene Gewobag, weil sie im Projekt Waterkant auf der anderen Havelseite nur zwei Jahre nach der Erstvermietung die Mieten im freifinanzierten Neubau teilweise gleich mal um vier Prozent angehoben hat. Begründet wurde die Erhöhung mit den gestiegenen Kosten für das Unternehmen.

Ein großes Problem: Die Wasserstadt Oberhavel ist derzeit noch schlecht angebunden. Mit dem öffentlichen Nahverkehr erreicht man das neue Stadtquartier nur über den Bus. Ideen gibt es, die Siemensbahn, die bis 2029 auf der Strecke von Jungfernheide bis Gartenfeld reaktiviert werden soll, bis nach Hakenfelde zu verlängern. Die Bahn prüft aktuell im Auftrag des Senats, ob für die mögliche Weiterführung der Siemensbahn bereits Vorratsbauten erstellt werden müssen. Eine Machbarkeitsuntersuchung hatte Anfang des Jahres drei mögliche Varianten aufgezeigt, von denen zwei komplett unterirdisch verlaufen würden. Angesichts hoher Kosten ist fraglich, ob die Verlängerung gebaut wird. Nichtsdestotrotz wünsche man sich vor Ort eine bessere Anbindung, das würden Mieter immer wieder an die WBM herantragen, sagte deren Sprecher zu »nd«.

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