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Schluss mit Beteiligung
Nach dem Machtwort des Kanzlers zum AKW Emsland steigt die Gorlebener BI aus der Endlagersuche aus
Die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag dekretierte Laufzeitverlängerung auch für das AKW Emsland in Niedersachsen ist bei Atomkraftgegnern auf scharfe Kritik gestoßen. Die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg hat angekündigt, sich nicht weiter an der Suche nach einem Endlager zu beteiligen. »Für uns ist der Zeitpunkt gekommen, unsere konstruktive Mitarbeit bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle auf Eis zu legen«, sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Die Bedingung für die Suche nach einem Endlager für deutschen Atommüll sei der Ausstieg. Mit einer angeblichen Stromlücke oder der vermeintlich gefährdeten Netzstabilität habe die Ankündigung von Scholz nichts mehr zu tun, so Ehmke. Es gehe dabei »einzig um die Profilierung der FDP und deren Chef Christian Lindner«. Scholz hatte am Montag entschieden, dass die drei noch laufenden deutschen AKW bis Mitte April in »Einsatzreserve« gehalten werden sollen. Der Kanzler wollte damit den Streit zwischen Grünen und FDP beenden. Die Grünen hatten auf ihrem Parteitag am vergangenen Wochenende einer Laufzeitverlängerung für die beiden Reaktoren Isar 2 und Neckarwestheim 2 zugestimmt, die Liberalen wollen, dass die Meiler bis mindestens 2024 Strom produzieren.
Linder hat nach dem Machtwort von Scholz bereits weiter gehende Forderungen in Aussicht gestellt: »Auch für den Winter 2023/2024 werden wir gemeinsam tragfähige Lösungen erarbeiten«, twitterte er am Montag. Die BI Lüchow-Dannenberg interpretiert dies als »unverhohlene Ankündigung der FDP, weiterhin den Atomausstieg zu sabotieren«.
»SPD und Grüne in Berlin brechen für Niedersachsen ihr erstes Wahlversprechen, bevor die neue rot-grüne Landesregierung überhaupt steht«, kritisierte auch Alexander Vent für das Bündnis Atomkraftgegner im Emsland: »Grüne Parteitagsbeschlüsse halten heutzutage offensichtlich keine 72 Stunden mehr.« Die Laufzeitverlängerung sei »ein gefährlicher Poker, der nun auf dem Rücken der Bevölkerung ausgespielt wird«. Die Gruppe sowie weitere Initiativen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz kündigten weitere Proteste am Standort an.
Der niedersächsische Landesverband der Umweltorganisation BUND erklärte, was auf den ersten Blick als beherzte Aktion zur Rettung in der Energiekrise wirke, sei »bei genauerem Hinsehen ein unverantwortliches Risikospiel mit offenem Ausgang und verschwindend geringem Einfluss auf den Strommarkt«. Die Brennelemente im AKW Emsland seien so weit abgebrannt, dass bereits ab November nur noch eine reduzierte Leistung möglich sei. Im besten Fall könne das AKW 0,03 Prozent des Jahresenergieverbrauchs erzeugen. Auch habe das Kraftwerk habe seit drei Jahren keinen TÜV mehr, die im Zehn-Jahres-Turnus vorgeschriebenen Sicherheitsüberprüfungen seien wegen der begrenzten Laufzeit ausgesetzt worden.
Die niedersächsische Landtagsfraktion der Grünen nannte die »Basta-Entscheidung« unnötig, falsch und »in hohem Maße irritierend«. Sie sei fachlich ohne Grundlage und blockiere den Ausbau der erneuerbaren Energien, erklärten die Fraktionsspitzen Julia Willie Hamburg und Christian Meyer. Der Stresstest der Bundesregierung habe im Weiterbetrieb des AKW Emsland ausdrücklich keinen Nutzen gesehen.
Auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) hatte sich mehrmals deutlich gegen eine Laufzeitverlängerung für das AKW ausgesprochen. Jetzt sagt er: »Zur Lösung der aktuellen Herausforderungen wird das AKW keinen wirklichen Beitrag leisten. Wir haben im Norden nicht den Bedarf, und schon jetzt sind die Brennstäbe im Wesentlichen aufgebraucht und die Leistung wird runtergefahren.«
Der niedersächsische Landesverband Erneuerbare Energien befürchtet, dass mit der längeren Laufzeit des AKW der verfügbare Wind- und Sonnenstrom nicht voll genutzt werden kann. Allein im vergangenen Jahr seien 2643 Gigawattstunden erneuerbare Energien abgeschaltet worden – große Kraftwerke wie das AKW Emsland hatten die Leitungen verstopft.
Ob die Laufzeitverlängerung für die drei Atomkraftwerke viele Menschen auf die Straße treibt, soll sich am 6. November zeigen. Viele Initiativen haben für diesen Tag zu einer überregionalen »Abschalt-Demo« am AKW Neckarwestheim aufgerufen.
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