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Schluss mit den leeren Versprechen
Gut klingende Klimaschutzzusagen müssen auf der Weltkonferenz in Ägypten endlich mit konkreten Plänen gefüllt werden
Die nächste Klimakonferenz in Ägypten steht vor der Tür, die Erwartungen der Öffentlichkeit und der Medien sind hoch. Doch es ist unwahrscheinlich, dass sie in diesem Jahr erfüllt werden können. Letztes Jahr in Glasgow wurden technische Umsetzungsfragen für das Pariser Abkommen geklärt. Jetzt fehlt »nur« noch die Umsetzung in den einzelnen Staaten. Hier fehlen leider weiterhin die Erfolge und die Vorreiter.
Laut dem Climate Action Tracker wird die globale Temperaturerhöhung 2,4 Grad Celsius betragen, wenn man die Minderungsziele der Staaten für 2030 addiert. Das Ziel des Pariser Klimaabkommens wird also verfehlt. Deutschland musste gerade Emissionsrechte für elf Millionen Tonnen von Tschechien, Bulgarien und Ungarn kaufen, weil wir unser Ziel für Emissionen in der EU überschritten haben. Vor allem der Verkehr und die Gebäude verursachen zu hohe Emissionen. Es hilft nicht, die Absichtserklärungen weiter zu erhöhen, wenn wie in Deutschland die nationale Umsetzung nicht genügend vorankommt. Auf Dauer macht diese Diskrepanz zwischen Zielen und tatsächlichem Handeln den internationalen Prozess unglaubwürdig.
Auch bei den Zusagen zur Klimafinanzierung für Minderung und Anpassung in Entwicklungsländern haben die Industrieländer das versprochene Ziel nicht erreicht. Sie hatten 100 Milliarden Dollar jährlich bis 2020 zugesagt. Nun liegen die Zahlen für 2020 vor: Es flossen nur 83,3 Milliarden Dollar. Hier steht Deutschland immerhin ganz gut da, und die deutsche Klimafinanzierung an Entwicklungsländer wurde zwischen 2019 und 2021 jedes Jahr erhöht und die verkündeten Ziele wurden eingehalten.
Die Klimaschäden nehmen global in Intensität und Häufigkeit stark zu; insbesondere Entwicklungsländer sind betroffen. Zu Recht fordern sie einen Finanzausgleich für ihre Schäden durch Stürme, Trockenheit oder Überflutungen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass die Industrieländer angesichts der aktuellen Wirtschaftslage, der Inflation, steigender Energiepreise und nationalen Verteilungskämpfe großzügige Finanzzusagen machen. Die Uneinigkeit scheint programmiert.
Nachdem es bei der Klimakonferenz wenig zu entscheiden und zu feiern gibt, werden die Regierungen eigene Veranstaltungen schaffen – wenigstens für den Moment, da die Welt auf die Konferenz schaut. Die letzte Konferenz in Glasgow war in dieser Hinsicht der bisherige Höhepunkt. Dort wurden viele Initiativen gestartet: der globale Pakt gegen Methan, die Erklärung der zu Wäldern und Landnutzung», die Erklärung zur Beschleunigung des Übergangs zu emissionsfreien Autos usw.
143 Länder haben die Walderklärung im vergangenen Jahr unterzeichnet, die die Abholzung und Waldzerstörung bis 2030 stoppen möchte. Auch Brasilien, obwohl kein anderes Land zuletzt so viel Wald zerstört hat. Viele Unterzeichnerstaaten haben vergleichbare Waldziele längst in ihre Klimazielen aufgenommen. 2014 gab es bereits die New Yorker Erklärung über Wälder, laut der die globale Abholzung bis 2020 gestoppt werden sollte. Das ist nicht gelungen, sodass dieses Ziel auf 2030 verschoben wurde. Nach einem Jahr gibt es noch keine klare Arbeitsstruktur für die neue Walderklärung. Nach New York 2014 gab es immerhin ein Monitoring des Fortschritts beim Waldschutz und bei den Finanzzusagen zum Walderhalt durch zivilgesellschaftliche Organisationen. Da stellt sich schon die Frage, was Glasgow verbessert hat.
Solche Erklärungen und Initiativen sind erst dann glaubwürdig, wenn sie klare Minderungsaktivitäten und Zeitpläne beinhalten, wenn die Umsetzung organisiert wird und die Emissionsminderungen und umgesetzten Aktivitäten regelmäßig verfolgt werden und transparent darüber berichtet wird. Für Ägypten sind wieder zahlreiche neue Initiativen angekündigt. Diese sollten schon beim Start eine glaubwürdige Umsetzungsstruktur vorsehen und nicht nur als Aufhänger für eine Pressekonferenz dienen.
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