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Auf dem Rücken der Betroffenen
Max Zeising über den Streit um das neue Bürgergeld
Wir leben in erhitzten Zeiten, nicht nur in puncto Klimawandel. Laut einer aktuellen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der ARD sehen fast zwei Drittel der Wähler*innen den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland gefährdet. Am stärksten polarisierend wirkt aus Sicht der Befragten die Schere zwischen Arm und Reich: 76 Prozent betrachten diese als großen oder sehr großen Konflikt.
Und nun? Sehen wir ein regelrechtes Theater um sagenhafte 53 Euro Erhöhung für jene, die es derzeit nicht in den Arbeitsmarkt schaffen. Das kann verschiedene Gründe haben, und nicht immer sind diese für Leute wie Friedrich Merz, der sich wahrscheinlich mehr Sorgen um die Funktionstüchtigkeit seines Privatflugzeuges als um sein Einkommen macht, vollständig ersichtlich. Wer in schwierigen privaten Verhältnissen lebt, wem bestimmte Zugänge zu Bildung und Gesundheit verwehrt geblieben sind, der hat es schwerer, Talente und Leistung abzurufen.
Es gibt Menschen, die in einem wahren Teufelskreis gefangen sind. Diese Betroffenen wissen nun nicht einmal, wie es weitergeht. Denn die Union blockiert das Bürgergeld, weil es aus ihrer Sicht die Arbeitsmoral senke. Dabei missachtet sie, dass jüngst eine Studie des Berliner Instituts für empirische Sozial- und Wirtschaftsforschung herausgefunden hat, dass Hartz-IV-Sanktionen ihr Ziel verfehlen, Menschen in Arbeit zu bringen. Es ist also schon inhaltlich falsch, an diesem System festzuhalten.
Hinzu kommt, dass der endlose Streit nicht dafür sorgt, das Vertrauen in die Politik zu stärken. Dieses Vertrauen ist aber wichtig für ein gutes Zusammenleben in einer Demokratie. Es braucht politische Kräfte, die Konflikte nicht auf dem Rücken von Betroffenen austragen, sondern Solidarität in der Gesellschaft fördern.
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