Die Transition des Trumpismus

Der Republikaner Ron DeSantis erhielt viel Zustimmung bei den US-Midterms – gemäßigter als Donald Trump ist er nicht

  • Jeja Klein
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei den US-amerikanischen Zwischenwahlen ist der große Durchmarsch der Republikaner*innen ausgeblieben. Während sich die Mehrheitsverhältnisse im Kongress nur leicht verschieben, stellt das Ergebnis jedoch ein Beben für Donald Trump und die ihn unterstützende Bewegung dar. Denn mit der deutlichen Bestätigung von Ron DeSantis als Gouverneur von Florida und dem schlechten Abschneiden vieler Trumpist*innen bröckelt die Machtbasis des Ex-Präsidenten. DeSantis indes befeuerte noch am Wahlabend die Gerüchte um eine kommende Herausforderung Trumps. Und: Auch die Murdoch-Medien spotteten am Tag nach der Wahl über den Ex-Präsidenten, den sie bislang stets unterstützt hatten – ein weiteres Zeichen dafür, dass die republikanische Partei sich vom irrlichternden Trump ab- und dem wesentlich kontrollierteren DeSantis zuwenden könnte. Ein Grund zur Freude aber dürfen die gesunkenen Aussichten auf eine Rückkehr Trumps an die Macht kaum sein.

Denn der Militärjurist aus Florida gilt bloß als weniger durchgeknallt, nicht aber als weniger radikal oder rechts. DeSantis ist einer derjenigen, der die seit Trumps Abwahl eröffnete Hatz der Republikaner*innen in dem Bundesstaat auf queere und insbesondere transgeschlechtliche Menschen vorangetrieben hat. Den Grundschulen Floridas verordnete er mit einem »Don‹t Say Gay«-Gesetz Stillschweigen über die Existenz transgeschlechtlicher und homosexueller Eltern, Schüler*innen und Lehrkräfte. Als sich der in dem Bundesstaat mit historischen Sonderrechten ausgestattete Disney-Konzern samt des dortigen Disney Land auf Druck seiner Mitarbeiter*innen nur gegen das Gesetz aussprach, wurden ihm diese Rechte kurzerhand entzogen.

JEJA NERVT
Jeja Klein ist eine dieser Gender-Personen aus dem Internet und nörgelt einmal die Woche an Kultur und Politik herum. dasND.de/jejanervt

Kreativ ging der Rechtsgelehrte, der zwischenzeitlich juristische Angelegenheiten der Besetzung des Irak vor Ort zu bearbeiten hatte, auch an anderer Stelle gegen Queers vor. Mit einer Fantasieverordnung entzog DeSantis einer transgeschlechtlichen Schwimmerin nach deren Sieg einfach den Titel und sprach ihn der Zweitplatzierten zu. Zwar wurde seine Proklamation von den Institutionen des Schwimmsports nicht berücksichtigt, sorgte dafür aber umso mehr für Stimmung an der Parteibasis. Tatsächliche Konsequenzen im Sport allerdings hat ein von DeSantis unterschriebenes Gesetz, das transgeschlechtlichen Schüler*innen verbietet, am Sportunterricht ihres Geschlechts teilzunehmen. Im kommenden Wahlkampf dürften sich DeSantis und Trump, auch weil die Anti-Trans-Stimmung ins linksliberale Lager hineinreicht, mit neu ausgeheckten Gemeinheiten überbieten. Dabei hatte der Ex-Präsident in der Angelegenheit bislang eher das Ressentiment der Basis widergespiegelt, statt sich mit aufrührerischen Bemerkungen zur Speerspitze einer Bewegung zu erheben. In manchen Bundesstaaten hat diese inzwischen den Charakter staatlicher Verfolgung erreicht.

Dass DeSantis sich allerdings nicht in Trumps Kampf um angebliche Wahlfälschungen 2020 einreihte, dürfte weniger an mangelnder Verachtung für den demokratischen Prozess liegen. 2017 versuchte er als Abgeordneter des Repräsentant*innenhauses nämlich noch, Trump gesetzlich das Recht einzuräumen, den Sonderermittler wegen russischer Wahleinmischungen einfach zu feuern. Seine Wiederwahl als Gouverneur sicherte er sich auch durch die Neuzuteilung von Wahlkreisen zuungunsten schwarzer Wähler*innen. Deren Wahlbeteiligung minderte er bereits durch ein Gesetz, das das Ergebnis einer Volksbefragung von 2017 unterminierte, wonach die mehrheitlich schwarzen Strafgefangenen ihr Wahlrecht zurückerhalten sollten. Und vor einem schwarzen demokratischen Herausforderer warnte er, dieser wolle den Bundesstaat mit seinen sozialistischen Plänen »zum Affen machen«.

DeSantis verkörpert wie kein anderer den Übergang vom Hass auf transgeschlechtliche Menschen zur Beschneidung der Rechte von Homosexuellen, Schwarzen und weiteren Marginalisierten. Denn mit der Verweigerung der Anerkennung transgeschlechtlicher Menschen verbindet sich die Rettung der Idee, Menschen überhaupt noch offen mit Verweis auf ihre »Biologie« entrechten zu dürfen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.