Bäume sollen fallen

Der Bebauungsplan für die Innenhöfe im Ilsekiez kann nicht rechtzeitig festgesetzt werden

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Howoge will in den Innenhöfen des Ilsekiezes bauen, der Bezirk Lichtenberg kann das kaum noch verhindern.
Die Howoge will in den Innenhöfen des Ilsekiezes bauen, der Bezirk Lichtenberg kann das kaum noch verhindern.

Man habe in den Gesprächen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Bedenken nicht ausräumen können, schreibt Lichtenbergs Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) in einer Mitten in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch verschickten Mail. Damit drohe jetzt das, was die Anwohner im Lichtenberger Ilsekiez und die Bezirkspolitik vehement verhindern wollen: Die landeseigene Howoge kann schon ab Dezember einen Bauantrag für ihr Nachverdichtungsprojekt im Lichtenberger Ilsekiez stellen, womit Bäume in grünen Innenhöfen dann auch Beton weichen müssten.

Linke und Grüne sind entsetzt. Nicht nur von Baustadtrat Hönicke, sondern auch von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). „Es ist ein Versagen auf ganzer Linie. Stadtrat Hönicke und Senator Geisel hätten die Innenhöfe zusammen retten können, setzen gegen den Willen der Bürger aber nun auf Bebauung», sagt Norman Wolf, Fraktionsvorsitzender der Linken in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV). „Es ist eine völlige Missachtung der demokratischen Meinung im Bezirk», betont Daniela Ehlers, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der BVV. 

Der Fall des Ilsekiezes hatte im vergangenen Monat hohe Wellen geschlagen. Die Howoge will hier seit Jahren in einem grünen Innenhof bauen. Der Bezirk wollte das mit einem Bebauungsplan, kurz B-Plan, verhindern. In ihm kann festgelegt werden, was genau gebaut werden darf und was nicht. Ohne einen B-Plan hat der Bezirk Bauvorhaben kaum etwas entgegenzusetzen, solange sie sich in die Umgebung einfügen. Für die Zeit bis der Plan für den Ilsekiez festgesetzt wird, hat der Bezirk mit einer Veränderungssperre die Bebauung zwischenzeitlich aufgehalten. Nun läuft Anfang Dezember die Veränderungssperre aus, bis dahin müsste der B-Plan verabschiedet sein. 

Im Oktober hatte Hönicke noch erklärt, dass die Festsetzung des Bebauungsplans an Einwänden der grün geführten Senatsmobilitätsverwaltung scheitern würde. Von vielen Seiten gab es anschließend lautstark Kritik am SPD-Stadtrat, da die Bedenken der Senatsmobilitätsverwaltung ausräumbar seien und vor allem die von Hönickes Parteifreund Andreas Geisel geführte Stadtentwicklungsverwaltung handwerkliche Fehler bemängelt habe. Als einen Aspekt wird genannt, dass das beschleunigte Verfahren, nach dem der Bezirk den B-Plan aufstellen wollte, nicht hinreichend begründet ist.

In seiner Mail teilt Hönicke nun mit, dass man den B-Plan im normalen Verfahren aufstellen müsse, dafür aber nicht genug Zeit habe. Auch die Veränderungssperre zu verlängern, käme nicht infrage, weil die Howoge angekündigt habe, dagegen Rechtsmittel einlegen zu wollen. Generell heißt es von Hönicke, die Howoge hätte dem Bezirk gegenüber angekündigt, „von ihrem Baurecht Gebrauch zu machen».

Grünen-Politikerin Ehlers erwartet von dem landeseigenen Wohnungsunternehmen, dass auf die Bebauung verzichtet wird. „Wir haben hier im Bezirk viele weitere gemeinsame Bauprojekte mit dem landeseigenen Wohnungsunternehmen, an denen wir weiter kooperativ arbeiten wollen», sagt sie. Eine Sprecherin der Howoge teilt wiederum mit, dass derzeit die Einreichung von Bauanträgen für den „dringend benötigten» Neubau von unter anderem circa 230 Wohnungen, einer Kita und Gewerbeflächen für „Nahversorgungsinfrastruktur» vorbereitet werde. Elf Wohngebäude sollen entstehen.

Auch wenn die Howoge nicht freiwillig auf den Bau verzichtet, müssen die Messen für den Ilsekiez noch nicht gelesen sein, letztlich ist die Howoge ein landeseigenes Wohnungsunternehmen. „Das Land kann die Howoge anweisen, hier nicht zu bauen», sagt Norman Wolf. Es brauche eine politische Entscheidung, so der Linke-Politiker. Ob diese zugunsten der Anwohner im Ilsekiez ausfällt, ist aber fraglich. Zwar ist die Senatsfinanzverwaltung formal Gesellschafter bei den Landeseigenen, Ehlers weist aber darauf hin, dass Stadtentwicklungssenator Geisel, der in Karlshorst auch seinen Wahlkreis hat, sich für die Bebauung der Innenhöfe ausspricht. „Ich kann nur hoffen, dass Herr Geisel nicht länger im Amt bleibt. Er blockiert überall die Anliegen von Bürgern, allen voran den Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co enteignen», sagt Norman Wolf mit Blick auf die anstehende Wahlwiederholung in Berlin.

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