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- Nachruf Werner Franke
Erfolg durch Aufmerksamkeit
Mit dem Tod von Werner Franke verliert der Anti-Doping-Kampf eine Galionsfigur
Als vor 13 Jahren die Weltmeisterschaften der Leichtathleten in Berlin ausgetragen wurden, war auch Werner Franke gekommen. Jedoch nicht, um irgendwelche Stars auf der Jagd nach Medaillen zu bejubeln. Nein, Franke war als Laudator für vier mutige Trainer und Funktionäre geladen, die es in den 70er und 80er Jahren gewagt hatten, sich der wilden Doperei junger Sportlerinnen und Sportler in der DDR und der BRD entgegenzustellen.
Wenn Horst Klehr, Hansjörg Kofink, Johanna Sperling und Henner Misersky überhaupt Erfolg damit hatten, dann nur in sehr geringem Maße. Wenigstens jetzt, Jahrzehnte später, wollte sie der Doping-Opfer-Hilfe-Verein (DOH) mit der Heidi-Krieger-Medaille für ihren Mut ehren. Franke sollte das tun. Mehr als eineinhalb Stunden sprach er. Über die vier Geehrten aber erfuhr man nur wenig. Dafür eine Menge über Dopingärzte, die Juristerei und mutmaßliche Betrugs-Vertuschungsaktionen. Franke war in seinem Element. Der größte deutsche Dopingjäger. Der Mann, der das Ausmaß des DDR-Staatsdopings aufgedeckt hatte, war nicht zu bremsen. Es wurde, mal wieder, seine Show.
Diese Show ist nun zu Ende. Im Alter von 82 Jahren ist Werner Franke am Montagabend gestorben. Und damit verliert der Kampf gegen Doping eine Galionsfigur, vermutlich sogar die zentrale seiner Anfangsjahre. Der Heidelberger Zellbiologe, verheiratet mit der ehemaligen Diskuswerferin und Kugelstoßerin Brigitte Berendonk, hatte früh erkannt, welche Schäden vor allem das Anabolikadoping bei Frauen hervorrief. Er klagte an, doch selten die Athleten selbst; er zweifelte auch daran, dass alle so genau wüssten, was sie da nehmen. Für Franke waren die nach Medaillen geifernden Sportfunktionäre und die mit der Vergabe von Dopingsubstanzen wissentlich ihren medizinischen Eid brechenden Ärzte zu geißeln.
Sein größter Coup war die Sicherung geheimer Akten aus DDR-Archiven, in denen Auftraggeber des flächendeckenden Dopings, Ärzte, Trainer und Athleten namentlich genannt wurden. Diese mündeten nicht nur in Frankes und Berendonks viel beachtetem Buch »Doping-Dokumente – Von der Forschung zum Betrug«, sondern auch in Prozessen gegen hochrangige Sportverbandsfunktionäre wie Manfred Ewald.
Franke hatte endgültig seine Bestimmung gefunden, auch wenn er den Anti-Doping-Kampf gern als notwendiges Übel darstellte, das ihm sein Hang zu Gerechtigkeit abverlangte. Als durchaus erfolgreicher Wissenschaftler auf dem Gebiet der Krebsforschung war er an das Prinzip der wissenschaftlichen Genauigkeit gebunden. Seine öffentlichkeitswirksamen Anklagen gegen Dopingbetrüger aber hielten sich nicht immer an diese Vorgaben. Franke schockierte gern mit seiner Wortwahl (»Sauereien am laufenden Band«) oder übertrieb mit verallgemeinernden Aussagen wie: »Glauben können Sie nichts. Auch wenn es so viele Kontrollen wie noch nie geben wird. Die Athleten werden so eingestellt, dass keiner mehr erwischt wird.«
Unter einigen Kollegen, aber vor allem bei Sportlern und Funktionären, die nicht mit Betrügern in einen Topf geworfen werden wollten, machte sich Franke damit nicht immer Freunde. Doch er wusste, dass die so gewonnene Aufmerksamkeit letztlich dem gemeinsamen Ansinnen am meisten helfen würde, das Übel des Dopings nachhaltig zu bekämpfen.
Seiner Glaubwürdigkeit hat der Hang zur Selbstinszenierung, den er auch bei jener Laudatio in Berlin nicht ganz in den Griff bekam, jedenfalls kaum geschadet. Ihm ist auch hoch anzurechnen, dass er sich beim Anprangern des Dopingproblems nie eine Ost-West-Brille aufgesetzt hat. »Alles ist erlaubt, sofern der Staat einen Nutzen hat. Da hat sich der westdeutsche Opportunismus nicht vom sozialistischen Opportunismus unterschieden«, sagte Franke einmal.
Letztmals sorgte er für größere Aufregung, als sich der Biologie mit dem von ihm einst mitgegründeten Doping-Opfer-Hilfeverein überwarf. Diesem warf er vor gut drei Jahren politische Instrumentalisierung von Entschädigung Suchenden vor. Der DOH bestünde nur noch zum Selbstzweck, so die These, woraufhin Fanke von einer Presseveranstaltung verbannt wurde. Andere hätten wohl eher den Weg des privaten Dialogs gesucht, doch Franke nahm lieber den vor die Kameras.
Zumindest den Anti-Doping-Kampf hat er dort erfolgreich hingezerrt. Anfangs galt Franke als Nestbeschmutzer, nun wird er verdientermaßen als Vorreiter gewürdigt. Auch der jahrzehntelang unkritische Sportjournalismus musste sich erst mal mit diesem unbequemen, lauten, renitenten Zwischenrufer anfreunden. Auch hier hatte Franke letztlich Erfolg. Es ist bezeichnend, dass sein Sohn über den Tod des Vaters als einen der ersten Hajo Seppelt, einen Journalisten, informierte. Der Dopingexperte der ARD ist wahrscheinlich ebenso beliebt bei Anhängern – und ein Dorn im Auge so mancher Sportler und Funktionäre, wie es Werner Franke ein Leben lang gewesen war.
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