Einmalzahlung nur für Bedürftige

Sozialminister verspricht Fonds für Rentner, deren in DDR erworbene Ansprüche gestrichen wurden

Dass es keine echte Entschädigung für viele im Zuge der sogenannten Wiedervereinigung einfach gestrichene, in der DDR rechtmäßig erworbene Rentenansprüche geben würde, war seit langem klar. Seit einigen Jahren verhandelten Bund und Länder lediglich über Umfang und Berechtigtenkreis für einen Härtefallfonds. Aus diesem sollen sozial bedürftige Ruheständler aus dem Osten eine Einmalzahlung erhalten.

Jetzt hat Bundessozialminister Hubertus Heil angekündigt, der Härtefallfonds solle bis zum Jahresende eingerichtet und mit 500 Millionen Euro ausgestattet sein. »Unser Ziel ist ein zügiger Abschluss der Beratungen, damit alle weiter notwendigen Schritte noch in diesem Jahr umgesetzt werden«, erklärte sein Ministerium auf Anfrage der Deutschen Presseagentur. Zuvor hatte der MDR darüber berichtet.

Geplant ist eine Stiftung. Die ersten Gelder könnten 2024 fließen. Nach Angaben der Grünen können Bedürftige mit sehr kleinen Renten auf einen Betrag von einmalig 2500 Euro hoffen. Beteiligen sich die Länder, könnten es 5000 Euro werden. Mecklenburg-Vorpommern ist dazu bereit, doch aus anderen Ländern kommen Vorbehalte. Brandenburg will nichts beisteuern, wie das von Ursula Nonnemacher (Grüne) geführte Landessozialministerium mitteilte. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete und Haushaltspolitikerin Paula Piechotta sagte, der Haushaltsausschuss des Bundestags habe die von Heil genannten 500 Millionen Ende vergangener Woche freigegeben, obwohl die Länder sich einer gemeinsamen Lösung bislang verwehrten. Es sei eine Frage des Respekts vor der Lebensleistung und ein überfälliger Schritt zum Schließen einer »Gerechtigkeitslücke«.

Die genannten Beträge sollen ein Ausgleich für über 30 Jahre nicht gezahlte Ruhestandsbezüge sein, die Hunderttausende Menschen zu DDR-Zeiten erwarben und die 1991 nicht ins bundesdeutsche System übernommen wurden. Betroffen sind unter anderem Zusatzrenten für ehemalige Beschäftigte von Reichsbahn oder Post sowie Ansprüche von zu DDR-Zeiten geschiedenen Frauen. Der Fonds ist indes auch für bedürftige Rentner unter jüdischen Einwanderern und Spätaussiedlern gedacht.

»Dass der Bund nur 500 Millionen Euro zur Verfügung stellt und nur wenige Rentner vom Härtefallfonds profitieren sollen, ist ein Schlag ins Gesicht für ostdeutsche Rentnerinnen und Rentner«, erklärte der Linke-Politiker Sören Pellmann dazu. Der Ostbeauftragte der Linksfraktion im Bundestag forderte stattdessen einen »Ostrentenfonds, der unbürokratisch und großzügig alle Ansprüche berücksichtigt«.

Es gehe um rund 500 000 Menschen, die für ihre Ansprüche Beiträge gezahlt hätten, betonte Pellmann. Der Leipziger Bundestagsabgeordnete schlug eine Zahlung in jeweils fünfstelliger Höhe vor, für die der Bund einen mittleren einstelligen Milliardenbetrag aufbringen müsste. »Das sollte es uns wert sein, um diese offene Wunde in der ostdeutschen Gesellschaft zu heilen.«

Um die Zusatzrenten kämpfen Betroffene seit Jahrzehnten. Die DDR hatte für 27 Berufsgruppen zusätzliche Versorgungssysteme, die die Renten aufbessern sollten. Bei der Überleitung des Rentensystems 1991 wurden bestimmte Ansprüche nicht berücksichtigt. Zehn Berufsgruppen erstritten sie gerichtlich, 17 weiteren gelang das nicht.

Das Bundessozialministerium nannte auf Nachfrage noch keine Details zur Höhe der Zahlung und sagte auch nicht, wie viele Menschen diese bekommen könnten. Ein Sprecher bestätigte nur: »Den Ländern soll ermöglicht werden, dem Fonds beizutreten und sich auf der Grundlage des gemeinsam entwickelten Konzepts hälftig am Härtefallfonds zu beteiligen, sodass die Leistungen für die Betroffenen entsprechend höher ausfallen.«

Mecklenburg-Vorpommern hat bereits 25 Millionen Euro zugesagt. Thüringens SPD-Chef Georg Maier warb dafür, dass die Landesregierung 33 Millionen Euro einzahlt. Thüringens Regierungssprecher Falk Neubert kritisierte indes, dass einige Betroffenengruppen nicht berücksichtigt werden sollten. Der sächsische Wirtschaftsminister und SPD-Ostbeauftragte Martin Dulig erklärte nach dem Haushaltsbeschluss: »Das vorgelegte Ergebnis ist ein politischer Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.« Mit dpa

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