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Entscheidung von großer Tragweite
Wegweisendes Urteil aus London zu Schottlands Sezessionsbestrebungen steht bevor
Am Mittwoch fällt die mit Spannung erwartete Entscheidung über die Zukunft des nördlichen Landesteils von Großbritannien. London weigert sich, ein neuerliches Referendum der Schotten zuzulassen. Um zu klären, ob Schottland ohne die Zustimmung von Westminster ein Referendum über die Unabhängigkeit abhalten könnte, hat die schottische Regierung im Sommer vor dem Obersten Gerichtshof geklagt. Anfang Oktober hörte der Gerichtshof die beiden Seiten an. Beim letzten Referendum 2014 stimmten 55,3 Prozent der Schotten gegen eine Abspaltung vom Vereinigten Königreich. Seit dem Brexit 2016 schlägt das Pendel in die andere Richtung aus. In den Umfragen liegen die Befürworter eines unabhängigen Schottlands knapp vor den Unionisten.
Die schottische Regierung argumentiert nun, dass das Referendum eine »beratende« Funktion und keine rechtliche Wirkung auf die Union habe. Sie behauptet, dass der Brexit und die Pandemie die »Politik und Wirtschaft auf den Kopf gestellt« hätten und daher die Unabhängigkeit erneut geprüft werden müsse. Das schottische Parlament habe ein »unbestreitbares demokratisches Mandat« für ein neues Unabhängigkeitsvotum, betont Regierungschefin Nicola Sturgeon von der Schottischen Nationalpartei (SNP).
Die britische Regierung bemühte sich, das Oberste Gericht davon zu überzeugen, das Unabhängigkeitsreferendum ganz zu begraben. Sir James Eadie als Anwalt der Londoner Seite weigerte sich in der Anhörung, auf die schriftlich vorgebrachten Argumente der SNP einzugehen. Er behauptete stattdessen, dass Schottland einen »seltsamen Fall« vor das höchste Gericht des Vereinigten Königreichs gebracht habe, mit Argumenten, die »gegen den gesunden Menschenverstand« verstießen. Einen Tag zuvor hatte Dorothy Bain für die schottische Seite erklärt, dass die politischen Auswirkungen eines Referendums ausgespart werden sollten. Das Gericht solle nur über die Rechtsfrage entscheiden, ob das schottische Parlament die legislative Kompetenz habe, ein Referendum zu verabschieden oder nicht.
Die Richter werden nun am Mittwochmorgen ihre Entscheidung in zwei Punkten bekanntgeben: Sind sie für die Frage überhaupt zuständig? Und: Fällt die Unabhängigkeit in die Zuständigkeit des schottischen Parlaments?
Unabhängig von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs beabsichtigt Sturgeon, auf jeden Fall ein Referendum über den Verbleib in Großbritannien abzuhalten. Daher wird das Urteil die Spannungen zwischen Edinburgh und London erhöhen – gleich wie es ausfällt. Sollte das Gericht zugunsten der schottischen Regierung entscheiden, wird diese ein neues Referendum für den 19. Oktober 2023 ansetzen. An diesem Tag soll den Wählern laut SNP die gleiche Frage wie bereits 2014 gestellt werden: Soll Schottland ein unabhängiges Land sein?
Besonders urbane, höher gebildete Schichten in Schottland tendieren seit dem Brexit zunehmend zur Eigenständigkeit, da diese dem Land eine Rückkehr in die EU ermöglichen könnte. Denn wie Nordirland hat auch Schottland 2016 mehrheitlich gegen den EU-Austritt gestimmt.
Wird der schottischen Seite am Mittwoch Recht gegeben, dann könnte nach einem erfolgreichen Referendum im Oktober 2023 bereits Anfang 2024 die Unabhängigkeit verkündet werden. Schottlands Regierungschefin hat für den Fall einer Niederlage vor Gericht baldige Neuwahlen angekündigt. Ihre Partei will dann »mit dem einzigen Programmpunkt schottische Unabhängigkeit« für eine absolute Mehrheit im Parlament kämpfen. Bei Erfolg würde die SNP dies als inoffizielles Votum für die Unabhängigkeit interpretieren.
Für den Mittwochabend hat die Plattform von Unabhängigkeitsbefürwortern »Time for Scotland« zu Kundgebungen in Edinburgh vor dem Regierungsgebäude Holyrood und in acht weiteren schottischen Städten aufgerufen. Die Aktivisten hoffen auf Siegesfeiern.
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