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Die Krise des Rekordmeisters
Nach dem 2:4 zu Hause gegen Iserlohn senden die Eisbären Berlin in Mannheim ein Lebenszeichen
Nach einer zweiwöchigen Spielpause sollte es bei den Eisbären Berlin gegen Iserlohn und Mannheim einen Neustart geben. Es kam anders. Auf heimischem Eis gab es für den Titelverteidiger am Freitagabend vor über 10 000 enttäuschen Fans gegen die eher mittelmäßigen Iserlohn Roosters trotz einer engagierten Leistung und drei glücklosen Pfostenschüssen mit dem 2:4 die 12. Niederlage im 19. Saisonspiel.
Zwei Tage später folgte ausgerechnet gegen den siebenfachen DEL-Meister und Tabellenzweiten Adler Mannheim ein bemerkenswerter Lichtblick, denn nach 1:3-Rückstand wurde 83 Sekunden vor Schluss der 3:3-Ausgleich erzielt und schließlich im Penaltyschießen durch Marcel Noebels mit 4:3 der achte Saisonsieg gefeiert. Für die Eisbären ist die Playoff-Qualifikation, für die Platz 10 nötig ist, zwar wieder mehr in Sicht, doch der selbstbewusste Anspruch des Rekordmeisters, die Saison mit einem Titel-Hattrick zu krönen, dürfte aus heutiger Sicht kein realistisches Ziel sein.
Nach den strapaziösen Wochen voller Enttäuschungen in der DEL-Meisterschaft, aber auch in der Champions Hockey League, wo das anvisierte Achtelfinale kläglich verpasst wurde, wollten die Eisbären nun die durch den Deutschland-Cup bedingte zweiwöchige Pause nutzen, um neue Kräfte zu tanken und vor allem die Regeneration der vielen verletzten Spieler voranzubringen.
Cheftrainer Serge Aubin war von einer Trendwende überzeugt: »Wir werden in der Spielpause die Grundlagen für den Neustart schaffen, um die Playoff-Plätze nicht noch weiter aus den Augen zu verlieren. Wir hatten eine großartige Trainingswoche. Ich habe eine ganz andere Art von Energie gesehen. Die Mannschaft will sich auf ihre bewährten Tugenden besinnen. Dabei müssen wir zurück zum Grundsätzlichen, defensiv besser spielen und unseren Einsatzlevel steigern.« Und die Eisbären sendeten mit dem Sieg in Mannheim tatsächlich ein unerwartetes Lebenszeichen.
Fakt ist jedoch: Nachdem im Sommer ein Dutzend Spieler das Meisterteam verlassen hatte, versprach sich Sportdirektor Stéphane Richer vom mit 12 Neuverpflichtungen neu zusammengestellten Kader »mehr Tiefe und Breite« als in der Vorsaison. Das erwies sich eher als Mutmaßung denn Realität. Der bisherige Saisonverlauf bestätigte seine Prognose jedenfalls nicht. Nach dem Sonntagspiel in Mannheim stehen den nunmehr 12 Niederlagen lediglich acht Siege gegenüber, von denen sogar nur fünf in der regulären 60-minütigen Spielzeit gelangen. Mit vier Erfolgen in zehn Heimspielen haben die Berliner auch ihre einstige Heimstärke eingebüßt, auf die sie – unterstützt von ihrer tollen Fankulisse – in der Vergangenheit immer bauen konnten.
Fakt ist auch: Nachdem Schlüsselspieler wie Nationaltorhüter Mathias Niederberger, Verteidiger Kai Wissmann und die Mittelstürmer Blaine Byron und Frans Nielsen im Sommer den Verein verlassen hatten, vermochte von den Neuzugängen lediglich der während der Saison nachverpflichtete kanadische Center Alexandre Grenier auf Anhieb zu punkten. Alle anderen brauchten zu lange Zeit, um endlich im Team anzukommen. Zudem wurde der Qualitätsverlust durch viel Verletzungspech verschärft. So zog sich der Kanadier Brendan Guhle gleich beim ersten Einsatz eine Gehirnerschütterung zu und wartet seitdem auf sein DEL-Comeback.
Wichtige Angreifer wie Leonhard Pföderl und Yannick Veilleux, die lange brauchten, um Verletzungen noch aus der Vorsaison auszukurieren, kehrten erst jetzt ins Team zurück, ohne aber die Durchschlagskraft zu erhöhen. Da weitere Profis aufgrund von Krankheiten ausfielen und für die Abwehrreihen zeitweilig nur noch fünf Spieler zur Verfügung standen, mussten die beiden etatmäßigen Rechtsaußen Frank Mauer und Manuel Wiederer in die Defensive rücken und fehlten im Angriff. Die Personalsorgen zwangen schließlich dazu, dass die einsatzfähigen Leistungsträger ein schweres Programm schultern mussten. Allein im Oktober bestritten die Eisbären 13 Spiele. Die Folge: Der Mannschaft fehlte läuferisch und mental die nötige Frische, die Leistungskonstanz schwankte enorm und angesichts der vielen Niederlagen schwand das Selbstvertrauen mehr und mehr. Vor allem die Defizite in der Abwehr sind gravierend, was 68 Gegentore unterstreichen. Es ist die zweitschlechteste Quote im kompletten DEL-Feld. In der Abwehr wirkt sich der Abgang des Nationaltorhüters Niederberger besonders gravierend aus. Denn die neue Nummer 1 im Tor, der erst 21-jährige Tobias Ancicka, kann nicht alles ausbügeln, was seine Vorderleute an Fehlern begehen. Immerhin: Gegen Mannheim rückte der erst 20-jährige finnische Neuzugang Juho Markkanen ins Tor, der bravourös hielt.
Von der Rückkehr zur alten Stärke ist trotz der langen Mängelliste der 32-jährige Nationalmannschafts-Verteidiger Marcel Nowak aus Dresden, der zu Saisonbeginn von Düsseldorf nach Berlin gewechselt war, überzeugt: »Wir müssen und werden aus diesem Loch raukommen und werden das auch gemeinsam schaffen. Wir werden allen zeigen, dass wir die Eisbären Berlin sind. Wir sind ein starkes Team und können diesen Anspruch auch erfüllen.« Seinen Sieg gegen Mannheim kann der Rekordmeister in den kommenden beiden Spielen in dieser Woche zu Hause gegen Nürnberg und Düsseldorf nun bestätigen.
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