Gute Gründe für das Fracking-Verbot

Es gibt genügend Möglichkeiten für eine umweltfreundliche Energieversorgung. Fracking gehört nicht dazu

  • Anke Herold
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei der UN-Klimakonferenz in Ägypten wurde kein genereller Ausstieg aus den fossilen Energien Kohle, Öl und Gas beschlossen, das ist einer der Hauptkritikpunkte. Denn deren Förderung ist der größte Treiber für steigende Treibhausgasemissionen. Die Staaten planen, bis 2030 mehr als doppelt so viele fossile Brennstoffe zu fördern, wie mit dem Pariser Abkommen zu vereinbaren ist – so eine Analyse des UN-Umweltprogramms. In dieser Situation rufen Politiker wie Finanzminister Christian Lindner oder Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nach einem Einstieg in das Gas-Fracking in Deutschland – als wollten sie unbedingt drei Grad globale Temperaturerhöhung erreichen.

Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in tiefe Bohrlöcher gepresst, um in gashaltigem Gestein Risse zu erzeugen. Aus diesen strömt Gas, das genutzt wird. Die Methanemissionen bei Fracking sind in den USA bis 60 Prozent höher als bei konventioneller Gasförderung. In der US-Klimabilanz waren diese Emissionen lange nicht enthalten, weil die internationalen Methoden zur Treibhausgasbilanzierung das Fracking nicht berücksichtigten. Es wird behauptet, dass man diese flüchtigen Emissionen problemlos einfangen und die Bohrungen abdichten kann. Das würde jedoch die Förderkosten in die Höhe treiben. Die Ingenieure in den USA sind durchaus technisch in der Lage, die flüchtigen Emissionen zu vermeiden. Dann würde sich das Fracken aber nicht mehr lohnen. Bisher gibt es nicht einmal kostengünstige Verfahren, die das austretende Methan an den Bohrstellen zuverlässig messen.

Anke Herold (Print)
Die Geoökologin Anke Herold ist Geschäftsführerin des Öko-Instituts Freiburg.

Um die Schiefergaslagerstätten in Deutschland zu erschließen, sind nach einer Studie des Umweltbundesamts (UBA) 48 000 Bohrungen auf einer Fläche von 9300 Quadratkilometern notwendig. Nachdem seit Jahren der Mangel an Flächen den Ausbau der Windkraftanlagen blockiert hat, scheint es recht unrealistisch, dass solch große Flächen für die Fracking-Förderung zur Verfügung stehen. Für die Menschen, die um die Förderstandorte herum leben, hätte das drastische Folgen. Pro Bohrplatz sind laut UBA 12 000 bis 48 000 zusätzliche Lkw-Fahrten für die Förderung notwendig.

Bei den Tiefbohrungen werden oberflächennahe Grundwasserschichten durchbohrt und ein Chemikalien-Gemisch in den Untergrund gepumpt. Dabei können die Grundwasserleiter bei Unfällen verschmutzt und unbrauchbar werden. Auch müssen die giftigen Chemikalien gelagert und entsorgt werden. Das geförderte Abwasser kann Schwermetalle und giftige Kohlenwasserstoffe enthalten und ist teilweise radioaktiv. Für das Fracking werden große Mengen an Wasser benötigt. Eine Bohrung braucht bis zu 174 000 Kubikmeter, das ist der tägliche Verbrauch von München. Da heute schon viele Regionen in Deutschland unter Wassermangel leiden, wäre der Konflikt um die Wasservorräte programmiert.

In den USA, aber auch in China, Kanada und Argentinien wurden viele kleinere Erdbeben bis zu einer Stärke von 5,8 durch das Fracken ausgelöst. Wie groß das Risiko in Deutschland wäre, konnte eine Expertenkommission der Bundesregierung ohne weitere Forschung nicht beantworten.

Aus diesen guten Gründen ist Fracking in Deutschland bis auf Bohrungen zu Forschungszwecken verboten. Der große Unterschied zu den USA ist, dass die Bevölkerungsdichte in den Gebieten mit Ölschiefervorkommen viel höher ist; große Teile liegen in Nordrhein-Westfalen. Unser akutes Gasversorgungsproblem würde ein Einstieg ins Fracking nicht lösen. Es würde etliche Jahre dauern, bis die Gesetze geändert, die vielen offenen Fragen durch Forschungsprojekte geklärt und dann erste Förderprojekte in Betrieb gehen könnten.

Wir haben mit Sonne, Wind, Wasserkraft, Biomasse, Geothermie und Wasserstoff genügend technische Lösungen für eine klimafreundliche Energieversorgung. Fracking würde das Erreichen der Klimaziele verhindern.

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