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Die Fußballsprache verstehen alle
Geflüchtete und Migranten finden in Brandenburger Sportvereinen eine neue Heimat
»Als Kind bin ich in Kasachstan Schlittschuh gelaufen«, erinnert sich Alexandra König. 2002 kam sie nach Eberswalde. Dort ist die gelernte Bürokauffrau heute Trainerin für Inlineskaten. Wie sie fühlen sich rund 1500 Ehrenamtliche in Brandenburger Vereinen dem Programm »Integration durch Sport« verpflichtet. Mindestens die Hälfte von ihnen hat selbst eine Migrationsgeschichte.
Die Brandenburgische Sportjugend hat zu ihren Erfahrungen eine Ausstellung erarbeiten lassen. Sie heißt »30 Jahre – 30 Geschichten« und zeigt Fototafeln, auf denen die Zugewanderten, aber auch einheimische Aktivisten vorgestellt werden. Da finden sich die Handballerin aus dem Iran, der Schwimmer aus Syrien und auch viele alteingesessene Brandenburger, die beharrlich an der Umsetzung des Programms mitarbeiten.
»Gefühlt treibe ich schon seit meiner Geburt Sport«, erklärt Galina Forot, die in einem Dorf unweit der sibirischen Stadt Omsk geboren wurde, als Spätaussiedlerin 2002 nach Deutschland kam und mit ihrem Ehemann und den fünf Kindern in Lübben lebt. Sie gehört dem Verein Boxring 08 Lübben an und ist dort zuständig für Nordic Walking und Familiensport.
Integration und Sport »gehen wunderbar zusammen«, weil Sport weitgehend ohne sprachliche Verständigung funktioniere, sagt Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) anlässlich der Eröffnung der Ausstellung. »Man leidet, quält sich und freut sich gemeinsam.« Zugewanderte finden neben dem Leben an einem neuen Ort in einem neuen Land im Sport zusätzlich eine neue Heimat. Inzwischen seien sie als Trainer aktiv, organisieren, betreuen, bringen sich in die Vorstandstätigkeit ein.
Im brandenburgischen Sport wirken heute Menschen aus Ungarn, Russland, dem Iran, Irak, Kamerun, Vietnam und vielen anderen Ländern. Nonnemacher hebt hervor, dass es im Rahmen des Programms auch spezielle Angebote für Frauen und Mädchen gibt. Dabei erwähnt sie den jährlichen Frauen-Schwimmcup in Wittenberge. Alle Beteiligten profitierten »enorm«, sagt die Ministerin.
Sport bietet aber auch Orientierungshilfe und Möglichkeiten sinnvoller Freizeitgestaltung. Mustaza Aizada, geflohen aus Afghanistan, organisiert Fußballspiele. Er sagt: »Viele Leute sitzen im Erstaufnahmelager und können nichts tun.« Ihnen will er helfen und Mut machen, auch mit Straßenfußball.
Die Fußball-Sprache sei nun einmal international – sie werde überall verstanden und könne wichtige Brücken bauen, sagt Robert Bosch von der Sportjugend. Von insgesamt rund 3000 Sportvereinen im Land Brandenburg seien 150 der Integration verpflichtet. Das Programm »Integration durch Sport« stellte Bosch als das älteste der Sportjugend überhaupt vor. Es existiert seit 30 Jahren.
Begonnen habe es mit Spätaussiedlern aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Aber die Zielgruppe sei immer größer geworden, so Bosch. Das Programm sei zudem »immer im Wandel« gewesen.
Aufgrund der überzeugenden Botschaft hat sich der Landessportbund dazu entschlossen, die Bilder der Ausstellung gleichzeitig als Motive für den Jahreskalender 2023 der Sportjugend zu verwenden. Um die Zukunft mache sie sich keine Sorgen, sagte Ministerin Nonnemacher. »Einer weiteren Förderung in den kommenden 30 Jahren steht hoffentlich nichts mehr im Wege.«
Ausstellung »30 Jahre – 30 Geschichten«, Sozialministerium, Haus S, Henning-vonTresckow-Stra0e 2-13 in Potsdam, bis 31. Januar, werktags von 7.30 bis 17 Uhr, Eintritt frei
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